Bis 2002: Nachdenken über "Teddy" T.

■ 60 Jahre nach Thälmanns Verhaftung durch die Nazis: Ernst Thälmann-Gedenkstätte vorerst gesichert

vorerst gesichert

Eine schlechte und eine gute Nachricht. Die schlechte zuerst: Vor 60 Jahren wurde der Hamburger KPD-Führer Ernst Thälmann, eine der größten Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung, von den Faschisten verhaftet. Und die gute: Das Bangen um seine Gedenkstätte in Eppendorf hat ein vorläufiges Ende. Denn durch eine europaweite Spendenkampagne konnten 130000 Mark für den Erhalt des Hauses gesammelt werden. Das Kuratorium „Gedenkstätte Ernst Thälmann“ kann nun einen bis ins Jahr 2002 laufenden Mietvertrag finanzieren.

Es geschah am 3. März 1933. In zwei Tagen sollte der Reichstag gewählt werden. Ganz oben auf der KPD-Liste stand der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Ernst Thälmann. Doch „Teddy“ Thälmann sollte die Wahlen nicht mehr in Freiheit erleben. Kaum in Berlin eingetroffen, wurde er von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) verhaftet.

Dann ging alles ganz schnell: Am 8. März 1933 trat die 1932 gewählte Hamburger Bürgerschaft zu ihrer letzten Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung stand die Neuwahl des Senats. Die KPD-Abgeordneten blieben der Sitzung nach der Festnahme ihres obersten Genossen fern, da sie sich nicht selbst der Gefahr einer Verhaftung aussetzen wollten. Die SPD-Abgeordneten waren zwar erschienen, beteiligten sich aber nicht an der Wahl des nationalsozialistischen Koalitionssenats. Thälmann wurde in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht, in dem er elf Jahre in Haft verbrachte, bis er 1944 von den Faschisten ermordet wurde.

Ernst Thälmann zählt auch fast 50 Jahre nach seinem Tod zu den bedeutendsten Hamburger Persönlichkeiten, über die es aber auch — wie über Hans Albers — allerlei Anekdoten zu berichten gibt. So erzählen Thälmanns Kontrahenten aus der damaligen „KPO“, der „Kommunistischen Opposition“ in der KPD, die Thälmanns Revolutions-Ideen als zu aufgesetzt und basislos kritisierten, gern eine menschliche Story: Danach habe Thälmann seinen Einsatz beim Hamburger Aufstand als Arbeiterführer verpaßt, weil er nach einem Zug durch die Gemeinde seinen Rausch ausgeschlafen habe — wie gesagt: eine Anekdote.

In der Vergangenheit hat es immer wieder Ärger gegeben, ob oder wie man „Teddy“ Thälmann in Hamburg ehrt. Lange konnte sich die Hansestadt nicht dazu durchringen, ihrem berühmten

1Bürger ein Denkmal zu setzen. Jahrzehntelang wurde daher die Gedenkstätte von der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) finanziert — bis zum Zusammenbruch der Partei. 1980 sorgte Bür-

1gerschaftspräsident Peter Schulz mit einem kuriosen Vorschlag für Aufsehen. Es wollte am Rathaus eine Gedenktafel für die im Faschismus ermordeten Bürgerschaftsabgeordneten anbringen – aber ohne

1Namen. Diese „anonyme Gedenktafel“ sorgte genauso für öffentlichen Streit wie die Umbenennung des Gedenkstätten-Vorplatzes an der Tarpenbekstraße in Ernst Thälmann-Platz. Kai von Appen