Der Charmeur am Klavier

■ Paolo Conte gastiert in Hamburg: wehmütige Chansons und flotte Polkas

gastiert in Hamburg: wehmütige Chansons und flotte Polkas

Eigentlich ist der Frühlingsanfang nicht die richtige Zeit, um sich im sterilen Ambiente des CCH wehmütige und schmuddelige Balladen anzuhören. Doch wer's mag, darf sich vom Prototyp des reifen, südländischen Mannes angezogen fühlen. Denn Conte sieht mit seinem Seehund-Schnauzbart und seinem athletischen Körper aus wie jener Fischer aus dem Bilderbuch, der den ganzen Winter lang das weite Meer betrachtet und im Sommer den Charmeur spielt.

Der fünfundfünfzigjährige Piermontese ist aber kein Fischer, sondern Komponist. Er sitzt am liebsten am Klavier und singt mit seiner rauhen Stimme eigene melancholische Texte. Sein Publikum verführt er in südliche Natur- und Gefühlslandschaften, wie es einst Leonhard Cohen vormachte.

Es ist nicht notwendig, der italienischen Sprache mächtig zu sein, um von wohligen Gefühlen umhüllt zu werden, ihm gelingt dies musikalisch. Auf der Bühne assistiert ihm ein zwölfköpfiges Ensemble, das mit Saxophon, Tuba, Ukulele, Bandoneon und Vibraphon außergewöhnlich besetzt ist, zumindest für die Begleitung eines Liedermachers. Von coolem Barjazz und französischen Chansons bis hin zu heißen Tangos und fröhlichen Polkas seviert der ehemalige Rechtsanwalt ein Noten-Menü, das von seinen Zutaten her wohlbekannt und vertraut ist.

Paolo Conte liebt es aber, fremdklingende Nuancen unterzumischen. So läßt er sein Klavier gern schräg klingen und seine Rhythmusgruppe feine, aber doch akrobatische Sprünge vornehmen. Die Musik steht dabei im Kontrast zu seiner Stimme, die nach Whisky und Zigaretten klingt und nicht selten Erinnerungen an Tom Waits weckt.

Paolo Conte ist inzwischen kein Geheimtip mehr. Aber trotz des weltweiten Ansehens, das er genießt, lebt Conte das introvertierte Leben eines Junggesellen, der nur ungern sein trautes Heim verläßt und sich von Büchern und Bildern inspirieren läßt. So bescheiden, daß er, zumindest vor zwanzig Jahren, gar der Überzeugung war, daß er nicht singen kann. Nikos Theodorakopulos

22.3., CCH 1, 20 Uhr