: Nachschlag
■ Helge Leiberg an der Trompete in der Galerie Michael Schulz
Kunst und Musik ist ein nettes Thema; nicht nur in Ausstellungen lassen sich da mit Leichtigkeit erfolgsträchtig zusammenstellen, auch allerlei großformatige Bildbände erfreuen sich der Publikumsbeliebtheit – war denn auch im Bereich der Kunst nicht schon immer alles letztendlich eins?
Über diverse Generationen bildender Künstler gab es neben Doppelbegabungen so einiges an Zusammenarbeit. Schönberg bereits malte ganz gern, Klee schrieb ein paar nette Musikstückchen und von den italienischen Futuristen bis hin zu den amerikanischen Aktionskünstlern oder einem Sonderborg sind die Verflechtungen vielfältig. Gespannt durfte man also sein, hatte doch die „Galerie Michael Schulz“ am Mittwoch zur Eröffnung einer Ausstellung von Exponaten Helge Leibergs ein Konzert angekündigt: Leiberg selbst an der Trompete, flankiert vom (zumindest finanztechnischen) Flaggschiff der Dresdener zeitgenössischen Malerei, A.R. Penck, am Schlagzeug. Eine Menge Interessierter waren zu diesem Anlaß erschienen, füllten dichtgedrängt die Galerie, verstellten den Blick auf einen Großteil der Bilder, die nicht minder dichtgedrängt die Wände füllten, gar noch kleine Mauervorsprünge zwischen den Fenstern zierten.
Allen Widrigkeiten zum Trotz nahm das musikalische Ereignis seinen Weg. Penck, truckerfahrerhaft mit Bart, Bauch und Schirmmütze ausgestattet, klemmte sich hinter sein Schlagzeug. Leiberg gab die ersten elektronisch verhallten Trompetentöne zum Besten. Was die beiden dann des weiteren boten, war selbst zwar keine wehmütige Erinnerung an erste Free-Jazz-Zeiten, konnte eine solche beim Zuhörer aber durchaus auslösen. Penck klapperte sich lustig durch das Schul-Repertoire gängiger Rhythmen und einfacher Patterns hindurch, wozu Leiberg weiterhin mit elektronisch vergrößerter Trompete musikalische Flugversuche unternahm. Insgesamt vielleicht ein netter Hausmusikabend Dresdener Künstlerkreise.
Das Publikum verträufelte sich unterdessen rasch, nur einige Unentwegte standen durch bis zum zweiten Set, versuchten mit einem Fuß nett mitzuwackeln. Manch ein entrücktes Grinsen, vielleicht ob der Gnade, den Begnadeten nahe zu sein. Ein Effekt war aber nicht zu unterschätzen – mit zunehmender Leere wurden die Bilder sichtbar. Und siehe da, Leiberg scheint neben der Musik den Tanz zu lieben; mit spritzigem Pinselstrich entwirft er mit Tusche auf Papier meist Tänzerisch-Ekstatisches. Mal ein Bein hoch, das andere herunter, mal umgekehrt. Als Buchillustrationen oder Kalenderblätter erscheinen die Werke dann auch schmissig genug. Um als Kunst durchzugehen aber mögen sie zu geschwätzig sein, birgt doch kein Bild sein Geheimnis. Die Zuversicht aber bleibt – auch wenn's denn mit Musik und Kunst ein bißchen hapert: mit den Preisen der Exponate geht's entgegen allem Rezessions-Gerede steil bergauf. Marc Meier
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen