Zweckentfremdung soll erschwert werden

■ Regelung über „schützenswerten Wohnraum“ bald auch in Ostberlin?/ „Gleichwertiger“ Ersatzwohnraum ist gefordert

Berlin. Hausbesitzer, die ehemalige Wohnräume für gutes Geld als Gewerbeflächen vermieten wollen, müssen künftig zumindest einen bürokratischen Hürdenlauf absolvieren. Nach Informationen der taz plant Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) eine Änderung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung. Erschwert werden soll sowohl die Umwandlung von Wohn- in Gewerberaum als auch der illegale Leerstand von Wohnungen. Neben der Erhöhung der Bußgelder wird geplant, künftig auch die Bruchbude in Prenzelberg als „schützenswerten“ Wohnraum gelten zu lassen. Eine Umwandlung in Gewerbe sowie längerer Leerstand wären somit ebenso genehmigungspflichtig wie bei vergleichsweise gut erhaltenen Wohnraum in den Westbezirken.

Umwandlungen sollen auch nur dann genehmigt werden, wenn der vorgeschriebene Ausgleichswohnraum vom Eigentümer im selben Bezirk geschaffen wird. Bislang konnte es durchaus vorkommen, daß der Parterre-Mieterin in Schöneberg, die einer Rechtsanwaltspraxis weichen mußte, als Ausgleich eine Dachgeschoßwohnung in Lichtenrade angeboten wurde. Nicht vorgesehen ist dagegen, daß der Ersatzwohnraum in einer ähnlichen Preisklasse liegt wie der zuvor umgewandelte Wohnraum.

Der Sprecher des Bausenators, Ralf Schlichting, bestätigte gestern gegenüber der taz, daß eine Änderung der Verordnung kurz bevorsteht. Die der taz vorliegenden Änderungen wollte er aber im einzelnen nicht kommentieren. Allerdings, so der Sprecher, sei auch vorgesehen, die teilgewerbliche Nutzung von Wohnraum künftig zu erschweren.

Detlef Schmidt, Leiter der Abteilung Zweckentfremdung beim Wohnungsamt Mitte, bestätigte der taz, daß der Entwurf bereits vorliege und nur noch die „Ausführungsbestimmungen sich im Meinungsbildungsprozeß befinden“. Sie regeln Bußgelder und Geltungsbereich der Verordnung.

Die Berliner MieterGemeinschaft begrüßte gestern die geplante Änderung, forderte den Senat aber auf, die Verordnung auch entsprechend umzusetzen. Dazu gehöre, so Sprecher Gerhard Heß, auch eine personelle Aufstockung der Wohnungsämter. Außerdem müsse im Falle einer gewerblichen Umnutzung tatsächlich gleichwertiger, das heißt auch preiswerter Wohnraum neu geschaffen werden. Erika Romberg (Grüne), Baustadträtin in Kreuzberg, betonte, daß der Ausbau von Dachgeschoßwohnungen als Ersatz für gewerbliche Umwandlungen nicht hingenommen werden könne. „Wenn unten preiswerter Wohnraum vernichtet wird, und oben teurer geschaffen, führt dies zur Vertreibung der Bevölkerung.“ Romberg fordert darüber hinaus, daß die Zweckentfremdung im Falle von Modernisierungsarbeiten genau überprüft wird und die Beweispflicht, ob es sich tatsächlich um genehmigungswürdigen Leerstand handelt, nicht wie bisher beim Bezirk, sondern beim Eigentümer liege. Uwe Rada