■ Mit dem Weinhandel auf du und du
: Schnapsideen in der EG

Straßburg/Freiburg (AFP) – Als die Zollschranken fielen, wurde auch am Rhein manch bessere Flasche geleert. Aber heute mag niemand mehr auf die neue Freiheit anstoßen. Französische Winzer und ihre deutschen Kunden sitzen über Steuernummern, Begleitpapieren und Versandregelungen. Was früher von privaten Zollspediteuren an der Grenze erledigt wurde, ist zum heimischen Papierkrieg geworden.

Nur die größten deutschen Wein-Importeure haben bisher Steuernummern beantragt. Nur sie können deshalb das sogenannte „begleitende Verwaltungsdokument“ ohne Probleme ausfüllen. Kleinen Unternehmen wie Restaurants und Kneipen sind derlei Formalitäten völlig fremd – wofür der Vorsitzende der Elsässischen Winzervereinigung, Raymond Baltenweck, volles Verständnis hat: „Schließlich gehen die davon aus, daß der Binnenmarkt eine Vereinfachung bringt.“

Irrtum: Seit Beginn des Jahres lieferte die Winzergenossenschaft aus Baltenwecks Wohnort Ribauville Wein an 28 Gaststätten auf der anderen Rheinseite. Nur zwei schickten das drei Seiten umfassende Begleitdokument zurück, das die Genossenschaft braucht, um zu beweisen, daß der Wein tatsächlich nach Deutschland ging und auch dort versteuert wurde. Sonst würde die französische Mehrwertsteuer fällig.

Noch schlimmer bei Privatkunden. Baltenweck hält versteht die Vorschriften so: Wer eine Kiste Wein aus dem Elsaß erhalten hat, muß in Deutschland zum Finanzamt gehen, um dort die Mehrwertsteuer zu entrichten und das Begleitdokument abstempeln zu lassen. Außerdem muß er wissen, wo das nächste Zollamt liegt und dort einen weiteren Stempel holen.

„Erschwerend“ findet das auch Karl Heinz Probst, Sachbearbeiter beim Hauptzollamt Freiburg. Außerdem falsch. Probst meint, französische Winzer sollten sich in Deutschland als Versandhändler anmelden. Danach können sie direkt die deutsche Mehrwertsteuer sowie eine eventuelle Sekt- oder Spirituosensteuer in Rechnung stellen. Die einkassierten Steuern müssen sie dann an ein deutsches Finanzamt weitergeben.

Für die Einschreibung als Versandhändler seien „allerdings eine Reihe komplizierter Formalitäten“ nötig, gibt Probst zu. Helmut Hug, Prokurist der Spedition Kleyling (Breisach) resigniert. „Ich beschäftige mich seit Wochen mit nichts anderem“, sagt er, die Richtlinien seien einfach zu „schwammig“. Eine Lösung hat Hug dennoch gefunden: „Holen ihren Gewürztraminer persönlich ab.“ Prost. Susanna Dörhage