Minimales Sein-maximaler Schein

■ Die Bremer Innoventa-Gmbh sollte Bremen in den Designer-Himmel heben. Aber die Wirtschaft geht nicht mit

Lang vor dem ersten Event gab es bereits Logo und Corporate Identity der „ersten internationalen Design Triennale Bremen“, Innoventa genannt. Ihr Zweck: Bremen als Shooting- Star in den internationalen Designer-Himmel zu loben. So hatten die Wirtschaftsförderer es sich ausgedacht und machten 1,6 Millionen dafür locker.

Ganz bremenbezogen fing es an: Im aufstrebenden Zentrum für Produktpräsentation präsentierten die Innoventa-MacherInnen der Stadt ureigenstes Wahrzeichen, die Bremer Stadtmusikanten, neu gestylt in einer überschaubaren Ausstellung mit knapp einem Dutzend Exponaten. Den Minimalismus im Sein umschmeichelten die Innoventa-MacherInnen von Anfang an geschickt mit einem Maximalismus an Schein. Sie organisierten Symposien und Kongresse zur Darstellung des Unsichtbaren, zum Design von Essen und Trinken und auch zur Ausstellung des Alltäglichen, die sie sich von den TeilnehmerInnen teuer bezahlen ließen. Sie arrangierten Buffets im Park des Bremer Landesmuseums, führten echt italienische Teekessel vor und fuhren Bötchen mit einer auserlesenen Schar von Design-JournalistInnen.

Nach dem märchenhaften Start taten die Design-ManagerInnen kürzlich jedoch eine unsanfte Landung, obwohl von einem Aus keineswegs die Rede sein soll, vielmehr von einer „Stillegung“ oder besser noch von einer „Ruhigstellung“. Und so steht es in schwarzen Lettern am Büro der Innoventa GmbH im World Trade Center: RIP (Rest in Peace).

Was ist passiert? Der Wirtschaftssenator hat angekündigt, daß er die große Design-Schau, den für Juni 1993 vorgesehenen Höhepunkt der auf drei Jahre angelegten Innoventa, „lieber um ein Jahr verschieben“ möchte, weil nicht genug Bremer Firmen ihre Teilnahme zugesagt haben (vergl. taz vom 27.2.93). Senator Jäger fürchtet, die Design-Schau im großen neuen Bremer Congress Centrum könnte das behördlich zugesicherte Budget von maximal 800.000 Mark überschreitet, zu groß ist, und zudem, „daß wir den relativ hohen Anspruch nicht einhalten können“. Aber, tröstet Jäger, „es wird auch in diesem Jahr drei oder vielleicht sogar vier Veranstaltungen im Rahmen der Innoventa geben, so daß die Öffentlichkeit das vielleicht gar nicht merkt.“ Vielleicht merkt sie ja auch nicht, daß die Bremer Stadtmusikanten bereits zum zweiten mal ins Rennen geschickt werden.

Daß die Konzepte des Innoventa-Leiters und einstigen Olivetti-Öffentlichkeitsarbeiters Richard Bachinger den nüchtern kalkulierenden Bremer Unternehmern der Nahrungs- und Genußmittelindustrie, möglicherweise zu spinnert waren, gehört wohl in den Bereich der Fabel. Schließlich sind Herr Bachinger, Herr Jäger und auch die maßgeblichen Herren Unternehmer alle gute Freunde...

Der Herr Bachinger jedenfalls verhandelt zur Zeit mit dem Herrn Senator um eine Verlängerung seines Vertrages für die Innoventa 93. Dabei, versichert Bachinger, geht es „keineswegs ums Geld“, obwohl es ja irgendwie doch „immer ums Geld geht, nicht wahr?“ Nur „manchmal“ hätte sich der Innoventa-Manager „mehr Engagement gewünscht“. So kam es also, daß die Innoventa GmbH statt der erwarteten 1,6 Millionen nur 300.000, maximal 400.000 Mark von Bremer Unternehmern eingeworben hat. Der Innoventa- Manager entschuldigt sich und die Bremer Unternehmen, die sich in Sachen Innoventa so wenig investitionsfreudig gezeigt haben, mit der „krisenhaften Situation der Wirtschaft in vielen Branchen“. Daß eine Rezession kommen würde, hätten die Innoventa-MacherInnen, die offensichtlich weder gute Kaffeesatz- noch gute ZeitungsleserInnen sind, nun wirklich nicht „erahnen“ können. Umso gründlicher aber scheinen die klugen Köpfe der Bremer Wirtschaft nicht nur die Börsenkurse, sondern auch die Kulturseite der FAZ gelesen zu haben: die goß im letzten Herbst Hohn und Spott über die großartige Bremer Design-Trienale, kurz bevor einige namhafte Bremer Firmen ihre Teilnahme absagten. Diemut Roether