Sozis streiten um Straßentunnel

■ Konflikt um Autotunnel auf Parteitag vorprogrammiert

Berlin. Den Sozialdemokraten steht auf ihrem anstehenden Landesparteitag eine schwierige verkehrspolitische Debatte ins Haus. „Die anstehenden Fragen zur Planung und Finanzierung des Autotunnels unter dem Tiergarten wurden über unsere Köpfe hinweg entschieden“, kritisierte Hans Nisblè, Kreisvorsitzender der SPD-Wedding gegenüber der taz. Den Beschluß des SPD-Landesausschusses und der Fraktion für eine teilweise Finanzierung des Tunnelrohbaus aus Landesmitteln billigten die Weddinger Genossen nicht.

Nisblè fordert die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses in einem Antrag auf, den Bau des Tunnels nur unter bestimmten Bedingungen zuzulassen: „Die Umweltverträglichkeit muß nachgewiesen werden.“ Außerdem soll das von der SPD/ CDU-Koalition beschlossene Konzept zur Verminderung des privaten Autoverkehrs sowie die nördliche Verkehrsführung über den Westhafen und das Bahngelände umgesetzt werden. Eine Finanzierung der Tunnelanlagen bis zu 300 Millionen Mark lehnen die Bezirks-Genossen ab.

Die Kompetenzbeschneidung der Bezirke im Rahmen des Hauptstadtvertrages geht nicht nur den Weddinger, Charlottenburger und Wilmersdorfer Genossen zu weit. Die Kreisdelegierten der Bezirke Tiergarten, Mitte und Schöneberg stehen ebenfalls in Konfrontation zu den Tunnelbefürwortern im SPD-Landesausschuß. Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD in der Bezirksversammlung Schöneberg, Jochen Biller, will, daß gegen die „Nadelöhrpolitik nun Druck gemacht werden muß“. Ein „Nord- Süd-Ersatz“ der Westtangente komme nicht in Frage. Die Behauptung, daß Kanzler und Regierung nicht ohne Tunnel auskämen, sei „nie hinterfragt“ worden. Er sei sicher, daß die Schöneberger Delegierten auf dem Parteitag „geschlossen“ gegen die Tunnelplanung stimmen werden.

Aufgeschreckt von der Stimmung bei den SPD-Delegierten zeigte sich Rainer Giesel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Es sei erklärte Absicht der Koalition, den Tiergarten vom Autoverkehr zu entlasten. Die Delegierten wendeten sich nicht nur gegen einen „klaren Konsens“, sondern auch gegen den Umzug der Bundesregierung. Ohne Sorge sieht Peter Stadtmüller, SPD-Fraktionssprecher, dem Landesparteitag entgegen. Es seien seit der Klausurtagung keine neuen Argumente in die Tunnel- Debatte eingeflossen. Immerhin sei die Diskussion durch die Tunnelgegner „differenzierter geworden“. Rolf Lautenschläger