Kuba

■ betr.: "Fidel Castro läßt wählen", "Wozu Wahlen?", taz vom 24.2.93, "Hochbefriedigt", taz vom 26.2.93

betr.: „Fidel Castro läßt wählen“ (Bert Hoffmann), „Wozu Wahlen?“ (Jesús Díaz), taz vom 24.2.93, „Hochbefriedigt“ (AFP- Meldung), taz vom 26.2.93

[...] Den KubanerInnen unsere Demokraturen an den Hals zu preisen, in denen Kinder erschossen werden, Slum-Elend Alltag ist, Menschen zu Hunderttausenden aus ihren Jobs auf die Straße geschmissen und auch die kleinen Errungenschaften zum sozialen Ausgleich gerade hoppla-hoppla vernichtet werden, kann wohl nur aus einem grenzenlosen Haß auf kubanische Menschen kommen, die in ihrem Umgang, ihrer Solidarität und ihrem Anspruch eben nicht so verkommen sind, soziales Elend für normal zu halten.

Was die Wählerei angeht, so wünsche ich mir mal einen vergleichenden Artikel: einerseits das kubanische Modell, in dem die Leute, bevor sie Abgeordnete werden, die Zustimmung ihrer Stadtteile, Bezirke, Regionen brauchen, um weiterzukommen. Diese Zustimmung bekommen sie überhaupt nicht, wenn sie nicht gute und konsequente Arbeit leisten. Andererseits unsere „Demokratie“, in der die Lobbies ihre Leute auf Listenplätze hieven, die ihnen ihr Mandat bereits vor der Wahl sichern und von denen sie kein/e WählerIn wieder wegwählen kann.

Ich bin für die Abwahl von Hoffmann-Díaz und für die Einführung demokratischer Berichterstattung über Kuba in der taz. Gerda Pogoda, Ottobrunn

[...] Die taz druckt einen 120zeiligen, ausführlichen Kommentar von Jesús Díaz vor den Wahlen. Na gut. Danach eine kleine zehnzeilige AFP-Meldung. [...] Wird über Kuba erst dann berichtet, wenn Castro gestürzt wird? Welches Interesse steckt hinter eurer einseitigen Information? Ist das kubanische Volk erst dann gescheit, wenn es der Meinung Eures Gastkommentators ist?

„Nur eine einzige Zahl wird interessant sein; die der Enthaltungen, der ungültigen Stimmen“, schreibt J.Díaz. Ja und – danach: 0,4 Prozent Wahlverweigerer. Maximal 15 Prozent ungültige Stimmen (El Pais, 27.2.). Was sagt Herr Díaz dazu? Was sagt die taz dazu?

Wann erfahren die taz-LeserInnen, wer gewählt wurde? Pablo Milanes, Silvio Rodríguez können nicht nur Lieder schreiben und singen, Javier Sotomayor nicht nur 2,41 Meter Weltrekord hochspringen, Miguel Barnet nicht nur Bücher schreiben, die in über zehn Sprachen übersetzt sind. Das sind nur einige der bekannten KünstlerInnen und SportlerInnen, die gewählt wurden – auch weil sie eine eigene Meinung haben und diese auch sagen. Barnet zum Beispiel drückt deutlich aus, daß er kein Kommunist ist. Gleichzeitig sind sie für Kuba, für die Revolution und gegen den Imperialismus. (In der taz liest man dieses Wort äußerst selten, als ob es ihn nicht mehr gäbe!)

Selbstverständlich braucht Kuba Änderungen. Ob es „eine Wende“ braucht, werden die KubanerInnen selbst wissen – nicht nur Jesús Díaz.

Ich erwarte, daß die taz endlich umfassend und fair berichtet, daß 34 Jahre Blockade nicht mit „ja, aber“ abgetan werden, daß Ihr Eure Scheuklappen abnehmt – und über Kuba im ganzen amerikanischen Kontext berichtet. Oder sind die Regierungen in Kolumbien, Brasilien, Argentinien demokratischer, nur weil es zwei Parteien gibt? Haben die Politiker eine größere Legitimation, wenn sie Analphabeten und Slumbewohnern Geschenke machen, um deren Stimmen zu bekommen? Sind die USA mit ihren 30 Prozent Wahlbeteiligung der Hort der Demokratie?

Diskutieren wir ruhig über Demokratie, über Parteien, über Wahlen – aber auch über Gesundheitswesen, über Bildungsmöglichkeiten, über Lebensbedingungen der Mehrheit, der Allgemeinheit. [...] Marianne Link, Heidelberg