"Alles viel zu abgehoben"

■ Bei der 10. Konferenz der Bundesschülervertretung in Steilshoop traf der taz-Reporter auf Klorollen, Formalismen, Bierkästen und eine leicht genervte Basis

in Steilshoop traf

der taz-Reporter auf Klorollen, Formalismen,

Bierkästen und eine leicht genervte Basis

„10. Bundesdeligiertenkonferenz“ stand auf dem eilig gepinselten Transparent im Hörsaal der Gesamtschule Steilshoop. Glücklicherweise wurde der Fehler bemerkt, bevor Schulsenatorin Rosemarie Raab am Freitag die rund 100 Delegierten der Bundesschülervertretung begrüßte, die in Landesgruppen versprengt den Saal nicht so recht füllten.

Die Schülerfunktionäre hörten brav zu und warteten ab. Doch bereits nach den beiden Einführungsreden wurden sie mit dem Formalismus des Wochenendes konfrontiert: Es wurde ein Präsidium und anschließend die Wahl-, Schieds- und Mandatsprüfungskommissionen gewählt. Die erfahrenen Funktionäre übernahmen das Ruder und die Basis sah erstaunt zu.

In den Pausen verloren sich die Teilnehmer in den endlosen Räumen der Gesamtschule. Jeder trug eines von jenen Anhängeschildchen, die so wichtig aussehen. Nur die eher unauffällige bis legere Kleidung der Delegierten wollte nicht ganz dazu passen.

Der weitere Abend verlief weitgehend ruhig. Nur als eine angetrunkene Meute gegen 23 Uhr mit Bierkästen bewaffnet die Schule stürmte, kam etwas Stimmung auf — es war die rheinland-pfälzische Delegation.

Am Samstag präsentierten sich die Schülervertreter, die fast alle in der Schule geschlafen hatten, recht frisch. Sie tagten jetzt in der riesigen Eingangshalle, so daß nie klar wurde, wer zuhören will und wer gerade Pause macht. Vielleicht war dies einer der Gründe, warum die Diskussionen schnell zerfaserten. Das Präsidium verstrickte sich in einem Gewirr aus Intiativ- und Tagesordungsanträgen. Von dieser Ebene kam die Tagung zwei Tage lang nicht mehr herunter. Einige Teilnehmer resignierten: „Mir ist das alles hier viel zu abgehoben.“ Dennoch stritt man sich weiter um

1kleinste Verbesserungen in den Anträgen, die ingesamt 30 Seiten umfaßten. Insbesondere der Anti-Rassismus-Antrag war heftig umstritten. Sind es nun „Skinheads“, „rechtsradikale Jugendliche“ oder „Jugendbanden“, welche für die Anschläge verantworlich sind?

Beim Thema Schulzeitverkürzung waren sich alle Teilnehmer einig, daß dies durch massive Proteste verhindert werden müsse. Die Abiturprüfung solle weiterhin erst nach 13 Schuljahren absolviert

1werden.

Am Sonntagmorgen wurde der neue Vorstand der Bundesschülervertretung (BSV) gewählt, die im Gegensatz zu Elternverbänden bisher vom Bund nicht anerkannt wird. Für die neun Stitze gab es ebensoviele Kandidaten, die alle gewählt wurden. So auch die 18jährige Hamburgerin Katharina Rudolph. Hierüber konnte sich ein Hamburger Schülerunion-Spähtrupp nur wenig freuen. Er regte sich darüber auf, daß die Anzahl der Jusos

1im Vorstand von vier auf sechs gestiegen sei.

Nach den Wahlen hielten die Rheinland-Pfälzer die ewigen Antragsdebatten nicht mehr aus und warfen mit Klorollen durchs Plenum. Die Konferenz endete, indem sie am Mikro „Am Rosenmontag, da bin ich geboren“ sangen.

Zuletzt waren sich die Teilnehmer uneinig, ob diese Konferenz schlimmer als andere war oder nicht.

Robin Meyer-Lucht