MdBü's fordern: Krieg dem Krieg!

2000 demonstrieren gegen den serbischen Aggressionskrieg / Schwarz-gelb-grüne Koalition  ■ für Intervention in Bosnien

„Wenn ihr uns schon nicht helfen wollt, dann verschont uns mit euren pazifistischen Appellen!“ Klare Worte aus dem Munde einer bosnischen Sprecherin aus dem von Serben eingekesselten Sarajewo am Samstag nachmittag auf dem Hamburger Gänsemarkt. 2000 Menschen hatten zuvor in der City für eine „militärische Intervention“ der Vereinten Nationen in Bosnien- Herzegowina in Form eines „internationalen Polizeieinsatzes“ demonstriert.

Zu dem Protestmarsch hatten neben der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GfbV) verschiedene Bürgerschaftsabgeordneten aufgerufen. Unter ihnen vor allem GAL- und CDU-Parlamentarier sowie je einer aus SPD und FDP. Viele von ihnen ließen sich bei der Demonstration allerdings nicht sehen.

Innerhalb der GAL hatte es um das Engagement ihrer ParlamentsvertreterInnen heftigen Zoff gegeben (taz berichtete). So war es wenig überraschend, daß die „GAL- Partei“ während der Demo in Flugblätter den Positionen der „GAL- Bürgerschaftsfraktion“ widersprachen und jegliche Militärintervention im Ex-Jugoslawien ablehnte. Tenor: „Lieber einen ,ungerechten Frieden‘ als einen ,gerechten Krieg‘.“

In welch gefährliches politisches Fahrwasser die GAL-Bürgerschaftsfraktion geraten ist, zeigt ein Eklat zu Beginn der Abschlußkundgebung, als junge Frauen — zum teil in Kampfanzügen — Kriegslieder schmetterten. Als der SPD-Bundestagsabgeordneter Freimut Duve interventierte und wissen wollte, was für Lieder gesungen würden, kam Verlegenheit beim Demoleiter auf: „Ach, das ist nicht so wichtig....äääh' das ist nur so'n altes Volkslied.“ Duve drohte die Demo zu verlassen, wenn sich ein derartiger Vorfall wiederholen sollte. Nach Auskunft einer Kroatin soll es sich um ein altes Kriegslied der nationalistischen kroatischen „Ustascha“-Kämpfer gehandelt haben. Die „Ustascha“-Brigaden kämpften an der Seite der Mussolini- und Hitlerfaschisten während der Besetzung Jugoslawiens gegen roten Tito-Partisanen.

In den Kundgebungsreden war die „militärische Intervention“ beherrschendes Thema. Heftige Kritik des GfbV-Bundesvorsitzenden Tilam Zülch: „Die Friedensbewegung hat zwei Jahre ihrer Chance gehabt, sie hat zwei Jahre nichts getan.“ Die Friedensbewegten hätten es versäumt, durch internationale Blockaden der serbischen Grenzen das Embargo durchzusetzen und so den Völkermord sowie den „serbischen Agressionskrieg“ zu beenden. „Es wurde nichts getan, damit der Krieg mit friedlichen Mitteln gestoppt wird. Jetzt ist es dafür zu spät.“ Zehntausende Menschen seien von den Serben getötet oder vertrieben und tausende Frauen vergewaltigt worden. Zülch schloß sich der Forderung der bosnischen Vorrednerin an, die gemeint hatte:

1„Der Krieg kann nur mit Gewalt gestoppt werden, wenn ihr uns endlich Waffen gibt, damit wir unsere Städte verteidigen können.“

Freimut Duve nahm in seiner Rede das Wort Intervention nicht in den Mund. Der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete bedauerte, daß sich seine Hamburger Parteigenossen der Demonstration bis auf wenige Ausnahmen nicht angeschlossen hatte. Duve prangerte

1den serbischen „Vertreibungskrieg“ an, verlangte, daß die „serbische Armee einen Schuß vor den Bug erhält“ und die Kriegsverbrechen der Armeeführer durch ein internationales Gericht geächtet werden.

Die schwarz-grüne Koaltion für einen Militäreinsatz ging weiter. CDUlerin Karen Koop fragte: „Was muß noch geschehen, damit endlich militärisch eingriffen wird?.“ GALier Peter Zamory: „Wir unter-

1stützen ein militärisches Eingreifen als letztes Mittel.“ Zamory verglich eine militärische Intervention im Ex-Jugoslawien mit der Austellung Internationaler Brigaden für den spanischen Bürgerkrieg im Jahre 1936, als Kommunistische Parteien in vielen Ländern Kampfeinheiten zur Ünterstützung der spanischen Kommunisten und Anarchisten im Kampf gegen die Franco-Faschisten entsandten. Kai von Appen