"Liebe Taz..."
: Auch Frauen sind Täterinnen

■ Stellungnahme der autonomen Frauengruppe ZAP zum Flugblatt "Bremerinnen für Frauen- und Fremdenfreundlichkeit"

Wir haben uns zu einer Stellungnahme zu dem Flugblatt „Bremerinnen für Frauen- und Fremdenfreundlichkeit“ entschlossen, in dem ausdrücklich auf die Situation geflüchteter Frauen hingewiesen wird und geziehlt frauenspezifische Forderungen gestellt werden.

Die halten wir für notwendig und unterstützenswert. Verkürzt und verfälscht wird es jedoch dann, wenn die Ursache für Rassismus und Militarismus auf das Geschlechterverhältnis reduziert werden, wie dies in dem Flugblatt der Fall ist.

Der Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ verschleiert, worum es geht: Rassismus und Neofaschismus. Daß „Fremdheit“ (gegenwärtig) nicht als beschreibende, neutrale Kategorie benutzt wird, sondern in moralischer Abwertung und agressive Ablehnung umschlägt, ist nicht irgendeiner natürlichen Angst vor dem sog. Fremden geschuldet.

Vielmehr besteht ein Interesse, gesellschaftliche Probleme auf andere abzuwälzen. Dies wird durch rechtstaatliche Hetze und Propaganda nicht nur verstärkt, sondern in seiner Ausrichtung auch erst produziert. Ferner geht es der Mehrheit der Deutschen nicht darum, unterschiedslos alle „Fremden“ rauszuwerfen. Es wird nach Herkunftsland, Hautfarbe und kapitalistischer Verwertbarkeit unterschieden. Wir halten die Forderung „Gegen Rassismus“ für angemessener als „für Fremdenfreunddlichkeit“, denn es kann nicht darum gehen, anderen aus einer privilegierten Position heraus Freundlichkeit zu gewähren.

Das Eintreten gegen rassistische Diskriminierung und für Selbstbestimmmung ist keine Frage der Sympathie, sondern grundsätzlicher Überzeugung. Der Aufruf setzt Frauen nach dem altbekannten Muster mit Opfern und Männern mit Tätern gleich. Damit wird Frauen ihre Verantwortlichkeit abgesprochen: Auch sie waren und sind Täterinnen! Daß die Mehrzahl der PolitikerInnen sowie FaschistInnen Männer sind, beruht nicht auf einer biologisch bedingten Friedfertigkeit der Frauen, sondern auf ihrer geschichtlich entstandener Ausgrenzung aus der „Öffentlichkeit“ und Zurichtung auf das „Private“. Das Ausblenden dieser Tatsachen verhindert eine Auseinandersetzung mit unserem eigenen Rassismus und macht glauben, wir müßten uns nur den Taten der Männer in den Weg stellen.

Es ist keine Lösung, die Suche nach den Ursachen für die rassistischen und faschistischen Übergriffe aufzugeben und stattdessen nach sog. rechtsstaatlicher Bestrafung zu rufen. Das bedeutet, den gesamtgesellschaftlichen Kontext zu verkennen und aus ihm resultierende Probleme zu individualisieren. Die Forderung nach Bestrafung kann nur eine kurzfristige sein und somit kein Ersatz für Gesellschaftsanalyse. Darüberhinaus zieht eine solche „Lösungsstrategie“ alljene nicht zur Verantwortung, die nicht rechtsstaatlich zu belangen sind, z.B. PolitikerInnen, ZuschauerInnen etc. Außerdem wird der strukturelle wie auch der staatliche Rassismus (z.B. die völkisch definierte StaatsbürgerInnenschaft) dabei übergangen.

Wenn Männer ausschließlich als Täter und nur indirekt als Flüchtige dargestellt werden, die zudem auch nicht zu der Gruppe von Menschen gerechnet werden, zu deren Schutz die BremerInnen aufgerufen werden, finden wir dies fatal! Grundsätzlich sind wir mit allen Flüchtlingen solidarisch. Rassismus und Sexismus dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden!

Franziska Binder, ZAP (autonome Frauen/Lesben Gruppe)