„Ich verhalte mich nicht stromlinienförmig“

■ Interview mit Angelika Pensky, Kandidatin für den Bremer SPD-Landesvorsitz

taz: Viele SPD-Mitglieder sagen: Wir wollen keine Übergangsvorsitzende. Hält Angelika Pensky die Belastung länger durch als die bisherigen Landesvorsitzenden?

Angelika Pensky: Ich fühle mich kerngesund..

Die Position des Landesvorsitzes war in den letzten Jahren oft eine Durchgangsposition nach oben...

Ich bin kein Karrierist. Ich will nicht diese Funktion benutzen, um dann in eine möglicherweise nächsthöhere Position zu wechseln. Ich begebe mich nicht in diese Karriere-Pipeline hinein und muß mich deshalb nicht stromlinienförmig verhalten, insofern verhalte ich mich nicht erwartungsgemäß...

Kunick wurde nach kurzer Zeit Fraktionsvorsitzender, Ilse Janz kam in den Bundestag — kann man auch mal zum Beispiel fünf Jahre lang Landesvorsitzende sein?

Ich will das. Ich wäre nach fünf Jahren fünfzig. Solange will ich das machen, und dann neu überlegen. Vielleicht schließe ich mich dann einer Bürgerinitiative an.

Jetzt tingeln Sie zusammen mit und gegen Kunick durch die Stadtteile — was wäre denn der Unterschied zwischen einem Landesvorsitzenden Kunick und einer Vorsitzenden Pensky?

Ich begreife das nicht als Durchstieg in eine lukrative Berufspolitiker-Karriere. Das ist ein zentraler Unterschied. Der zweite Unterschied: Ich gehe an die Inhalte anders heran. Ich möchte die Genossen, die sich zurückgezogen haben, wieder aktivieren...

.. das haben schon mehrere ver

hier bitte

das Frauenfoto

sprochen, daß sie das gern wollen...

... und ich will, daß die Arbeitsgemeinschaften eigenständiger und selbstbewußter arbeiten können. Derzeit können die ja keine Erklärung abgeben, ohne das vom Vorstand absegnen zu lassen. Sie werden gegängelt.

In der Außendarstellung repräsentiert der Parteivorstand, was schön und teuer wäre, und dann kommen die Realisten, letztlich der Finanzsenator, und sagen: Kinder, wer soll das bezahlen?

Die Partei soll sich nicht in die Detailfragen begeben, sondern den Rahmen mitbestimmen, nicht zuletzt auch die Haushaltseckwerte. Das ist uns 1992 aus der Hand geschlagen worden — nicht zuletzt auch durch die Mitglieder der Fraktion im Landesvorstand, die gesagt haben: Wäre ja noch schöner, wenn die Partei in die Haushaltspolitik eingreifen würde. Am 19. März wollen wir im Landesvorstand die Haushaltseckwerte für 1994 beraten...

Es gibt Leute, die fordern, daß auch kompetente Senatoren in den Landesvorstand gewählt werden können.

Davon halte ich nichts. Das sind verschiedene Aufgaben. Die Partei hat eine etwas visionär-vorausschauende Rolle. Der Senat hat einen Regierungsauftrag. Und die Fraktion soll den Senat kontrollieren und nicht der Partei den Maulkorb vorhalten. Der dreibeinige Spagat von Isola hat ja letztendlich zu seinem Rücktritt geführt, der wollte es der Fraktion Recht machen und dem Senat und in der Asylfrage der Bundespartei. Dabei wurde er innerlich zerissen. Ich bin auch der Ansicht, daß Landesvorsitzende nicht in die Fraktion eingebunden sein sollten.

In der Arbeitsgruppe „Parteireform“ des Landesvorstandes ist festgestellt worden, daß die Mitgliederzahl der SPD ausgerechnet in den Jahren dramatisch abgenommen hat, als ein Parteintritt nicht mehr wie früher zu Karrieren in der Öffentlichen Verwaltung führte.

Dafür trete ich auch ein: Die Umklammerung der SPD durch den öffentlichen Dienst muß gelöst werden. Man konnte doch in der SPD im Zickzack-Verfahren: Partei — Öffentlicher Dienst — Partei und so weiter, Karriere machen. Entsprechend war die Parteiarbeit eingebunden in die Möglichkeiten des Öffentlichen Dienstes in Bremen. Darüber klagen übrigens auch die AfA-Betriebsgruppen der SPD.

Glauben Sie denn, daß die Sie wählen, wenn Sie sagen: Karriere ist nicht mehr der Lohn der Parteiarbeit!?

Ja. 80 Prozent der Jugendlichen sagen — in Ost und West — daß die Bevölkerung von Politikern betrogen wird. Die Partei hat sich als Wahlverein zur Absicherung von Machtpositionen hergegeben. Wenn wir etwas gegen die Parteienverdrossenheit tun wollen, müssen wir das ändern. Das wissen die SPD-Mitglieder. Interview: Klaus Wolschner