Zu Gast bei Drakulas Schöpfer

Dublin (taz) – Während Francis Ford Coppolas Dracula-Film Millionen einspielt, würde die Irin Beatrice Keegan dem Filmregisseur am liebsten einen Holzpflock ins Herz rammen. Die etwa 65jährige lebt nämlich seit ihrer Jugend im Geburtshaus des Drakula- Schöpfers Bram Stoker im Dubliner Stadtteil Fairview. Der Film hat erneut Scharen von Touristen angelockt, die wie Heuschrecken über das Haus herfallen und sich nicht abwimmeln lassen. Im Haus hat sich seit Stokers Zeiten wenig verändert, viel von der Originaleinrichtung ist noch vorhanden. „Ich wünschte, er wäre nie in diesem Haus geboren worden“, stöhnt die alte Dame. „Am schlimmsten sind die Amis. Sie sind unheimlich frech und verlangen von mir, daß ich sie reinlasse.“ Die BBC ist allerdings nicht viel besser. Als ihr Sohn einem Kamerateam die Tür öffnete, stürzten die Filmleute an ihm vorbei und rannten die Treppe hoch, bevor er Piep sagen konnte. Es dauerte Stunden, bis sie das Überfallkommando wieder loswurde. Als die „Bram-Stoker-Gesellschaft“ nachfragte, ob man eine Plakette am Stoker-Geburtshaus anbringen dürfe, lehnte Frau Keegan entsetzt ab. „Das würde die Zahl der Besucher glatt verdoppeln“, vermutet sie. Coppolas Film hat sie noch nicht gesehen. „Ich würde ihn mir gerne mit meinem Mann gemeinsam anschauen. Ob man uns wohl Freikarten spendiert?“ An der Eingangstür hat Beatrice Keegan einen Rosenkranz aufgehängt. „Er soll uns schützen“, sagt sie. „Allerdings nicht vor Drakula, sondern vor den Touristen.“ RaSo