Kampf um Parkraum

■ Deutsch-deutsche Jagdszenen / Richterin für unentschieden

/ Richterin für unentschieden

Das Boot ist voll, die Parkplätze auch. Wenn dem ungehemmten Zustrom ostdeutscher Blechkistenbesitzer in Hamburgs City nicht bald ein Riegel vorgeschoben wird, kann für nichts mehr garantiert werden. Denn der Klassenkampf tobt: Ost gegen West. Es geht um die letzten freien Parklücken in der Innenstadt. Gestern nun vor dem Amtsgericht Hamburg: Die 37jährige Verwaltungsangestellte Christel M. aus Mecklenburg-Vorpommern mußte sich wegen Verstoßes gegen die Hackordnung auf Hamburger Straßen verantworten.

Mai 1992: Am Burchardplatz begibt sich die Unwissende zu Fuß (sic!) auf Parkplatzsuche. Ihren Lebensgefährten, der im Auto wartet, will sie per Handzeichen in eine freie Lücke einweisen.

Die Gegenseite in Gestalt des Betriebsschlossers Damian B., 25, aus Hamburg, kann jedoch ältere Rechte auf den kostbaren Stellplatz anmelden. Geschlagene zehn Minuten hat er bereits am Straßenrand gewartet, neben sich auf dem Beifahrersitz seine schwangere Frau. Er biegt also flugs in die freie Lücke ein, den ostdeutschen Parkplatzräubern zuvorkommend. Einige Schubser mit der Stoßstange gegen die Beine von Frau M. — das Problem scheint gelöst.

Die Mecklenburg-Vorpommersche zeigt sich jedoch ganz und gar nicht einsichtig. Mit den Worten „Ihr Wessis glaubt wohl, Ihr könnt Euch alles erlauben!“ versetzt sie ihrem Kontrahenten einige Ohrfeigen. Dieser wiederum wehrt die Angreiferin mit der Fahrertür ab. Inzwischen aber ist der Lebensgefährte Christel M.s hinzugeeilt, stemmt sich gegen die Fahrertür des Westdeutschen und klemmt dessen Fuß ein.

Aus dieser schmerzhaften Lage befreit, verpaßt der stämmige Betriebsschlosser seinem ostdeutschen Gegner gleich zwei Veilchen und zertrümmert seine Brille. Auf den Scherben wiederum will Christel M. ausgeglitten sein, als sie auf die schwangere Freundin B.s stürzte und sie zu Boden riß. In hellem Entsetzen, daß seiner Frau etwas passiert sein könnte, verläßt Damian B. das Schlachtfeld in Richtung Krankenhaus.

„Hier hat wohl jeder etwas abgekriegt“, kommentierte die Richterin das Geschehen und verurteilte sowohl Christel M. als auch Damian B. zu einem Bußgeld in Höhe eines Monatsgehalts. Uli Mendgen