Frauenschicksal Altersarmut

■ DGB-Konferenz zum Thema "geringfügig beschäftige Frauen" / Reinigungs- und Pharmakonzerne nutzen billige Arbeitskräfte

/ Reinigungs- und Pharmakonzerne nutzen billige Arbeitskräfte

Die Fakten: 26 Prozent aller Frauen müssen bis zum 65 Lebensjahr arbeiten. Dann haben sie einen Rentenanspruch von 407 Mark (in der Arbeiterrentenversicherung) oder 658 Mark (bei den Angestellten) im Schnitt erworben. Männer arbeiten hingegen in der Regel nur bis zum 60 Lebensjahr, haben dann Anspruch auf 1145 Mark (Arbeiter), oder 1697 Mark (Angestellte). Der Grund: die ungleichen Renten werden zum Großteil durch sozialversicherungsfreie - oder sogenannte geringfügige - Arbeitsverhältnisse verursacht. Nutznießer: Die Arbeitgeber.

Mit diesem Grauzonenthema des Arbeitsmarktes befaßten sich gestern am 83sten internationalen Frauentag rund 60 Gewerkschafterinnen und Betriebsrätinnen auf einem Workshop in der Hamburger DGB-Zentrale. Unter dem Motto „530 Mark auf die Hand - und im Alter blank“ versuchten sie, daß Ausmaß der so ausgenutzten Frauen in Hamburg zu erfassen. Es ging auch um Gegenmaßnahmen, die im Laufe der Veranstaltung zu einem „ganzen Strauß von Möglichkeiten“ gebündelt wurden, so die Ökonomin Wiebke Buchholz-Will.

„Geringfügig Beschäftigte“ haben keinen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsschutz, zur Freude ihrer Arbeitgeber. Sie dürfen nicht mehr als 530 Mark im Monat verdienen, die wöchentliche Arbeitszeit darf nicht über 15 Stunden liegen. Von den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung ist der Arbeitgeber sogar bis zu einem Verdienst von 610 Mark befreit. Zwischen 70000 und 200000 geringfügig Beschäftigten soll es in Hamburg geben. Mehr als 70 Prozent davon sind Frauen.

Die Arbeitgeber sind vor allem Reinigungsfirmen (rund 70 Prozent). In Hamburg nutzen mit Vorliebe Pharmakonzerne (bis zu 50 Prozent) oder Buch- und Pressehandel (40 Prozent) die Möglichkeit der geringfügigen Arbeitsverträge. Denn die Menschen sind nicht nur billig, sondern auch anspruchslos. „Die wenigtsen wissen, daß sie auch Anspruch auf tarifliche Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld haben“, so Ökonomin Buchholz-Will.

Für Karin Roth, Hamburgs erste stellvertretende DGB-Nord_Vorsitzende, ist die Ausnutzung von Frauen ein politisches Problem: „Es ist ein riesiger Markt entstanden, der die besondere Situation von Frauen ausnutzt.“ Angesichts ihrer sozialen Lage, entweder als bloße Zweitverdienerin in Abhängigkeit vom Ehemann oder als Mutter, könnten viele Frauen nicht so langfristig planen, so Roth.

Die Forderungen der Gewerkschaft: Abschaffung der sozial ungeschützten Beschäftigungen, ausgenommen Jobs, bei denen monatlich nicht mehr als 60 Mark verdient wird. Katrin Wienefeld