Härtetest für Oberflächen

■ Stiftung führt den Implanator vor / Oberflächenbehandlung ökologischer

Ein glattrasierte Kinn und ein einwandfrei funktionierendes künstliches Hüftgelenk verdanken wir zum Teil den 150 Wissenschaftlern, die von heute an bis übermorgen Fragen neuer Verfahren zur Oberflächenbehandlung erörtern. Eingeladen dazu hat die „Stiftung Institut für Werkstofftechnik“ (IWT) an der Universität Bremen.

Das die Wissenschaftler aus aller Welt ausgerechnet an die Weser kommen, hat seinen guten Grund. Das ITW gilt als eines der führenden europäischen Institute auf diesem Gebiet und hat pünktlich zur Konferenz einen „Ionenimplantator“ angeschafft: eine Maschine zur Neugestaltung der Oberflächenbehandlung. Die Manipulation von Oberflächen an sich ist ein alter Hut: Werkstoffe werden mit einer dünnen Schicht überzogen, um sie vor Außenwirkungen oder Verschleiß zu schützen, oder um ihre Eigenschaften zu verbessern: Keramik verliert seine Sprödigkeit, weiche Teile werden gehärtet, Material wird magnetisch.

Bisher war diese Oberflächenbehandlung eine schwere Belastung für die Umwelt: Die Stoffe wurden in ein Säurebad getaucht, dessen Inhalt dann als giftiger Sondermüll entsorgt werden mußte. Nun geht es auch anders: Mit eben dem frisch angeschafften „Ionenimplantator“. Hiermit werden die Oberflächen von Werkstoffen ohne giftige Tauchbäder verändert. Die monströse Maschine von 14 Tonnen Gewicht, 60 Quadratmetern Fläche und zwei Millionen Mark Wert beschleunigt elektrisch geladene Teilchen —Ionen — auf 1.000 Kilometer pro Sekunde und schießt sie auf die Materialoberfläche. Ähnlich wie bei einer auftreffenden Gewehrkugel bleiben die Ionen im Material stecken.

Das ganze Verfahren braucht „nur“ ein Vakuum und eine elektrische Spannung von 200.000 Volt. Heraus kommt zum Beispiel die Beschichtung von Rasierklingen zum Schutz vor Rost oder von Prothesen, um das Einwachsen in das Gewebe zu erleichtern. „Bisher gab es für die Oberflächenbehandlung hervorragende Verfahren, die aber nicht ökologisch analysiert worden sind,“ sagt Professor Klaus Bauckhage vom ITW. „Wir arbeiten heute daran, unsere Verfahren technologisch so gut wie in der Vergangenheit zu machen und sie gleichzeitig ökologisch zu gestalten.“ Diese Denkweise soll transportiert werden, auch in die Wirtschaft - unter anderem mit Konferenzen wie der anstehenden. bpo