„Keine Vernichtung billigen Wohnraums“

■ Matthias Klipp (Bündnis), Baustadtrat im Prenzlauer Berg, zu den geplanten Maßnahmen gegen Zweckentfremdung/ Dachgeschoßausbau nicht als Ersatzwohnraum für Zweckentfremdung

Prenzlauer Berg. Letzte Woche wurde bekannt, daß die Zweckentfremdungsverbotsverordnung geändert werden soll. Die taz fragte Matthias Klipp, welche Möglichkeit in den Bezirken besteht, Zweckentfremdung zu verhindern.

taz: Der Senat hat angekündigt, die Zweckentfremdung zu erschweren. Unter anderem, so war zu hören, soll auch der Ostberliner Wohnungsbestand künftig als schützenswert gelten.

Matthias Klipp: Das Zweckentfremdungsverbot bezog sich bisher ja nur auf schutzwürdigen Wohnraum. Kriterium dafür war eine Renditeberechnung, nach der als nicht-schützenswerter Wohnraum galt, wenn der Eigentümer nachweisen konnte, daß er mit einer Wohnnutzung in einem Zeitraum von zehn Jahren keine Rendite macht. Da hat es immer wieder Prozesse gegeben, ob die hohen Instandsetzungskosten in eine solche Berechnung hineingehören oder nicht. In einem Verwaltungsgerichtsurteil wurde allerdings auch angedeutet, ob man die Bemessung auf zehn Jahre überhaupt auf den Osten anwenden könne oder nicht auf 15 oder 20 Jahre verlängern müsse. Die Frage Schutzwürdigkeit von Wohnraum in Ostberlin ist eine ganz schwierige Frage.

Wie sieht die Zweckentfremdung im Prenzlauer Berg aus?

Wir haben hier vor allem das Problem in Verbindung mit Dachgeschoßausbau.

Die Dachgeschosse als Ausgleich für Gewerbeumwandlung in den ersten Geschossen?

Ja. Ich gehe mit dem Dachgeschoßausbau mit, wenn damit zusätzlicher Wohnraum geschaffen wird. Dann genehmigen wir auch nach Einzelfallprüfung. Aber wenn dieser Dachgeschoßausbau dazu führt, daß preiswerter Wohnraum vernichtet wird, wird es problematisch. Da müssen auch schleunigst die gesetzlichen Grundlagen geändert werden.

Was können Sie als Baustadtrat dagegen tun?

Wir sind ja im Ostteil der Stadt im unbeplanten Innenbereich, das heißt, es gibt weder einen Flächennutzungsplan noch eine Bauleitplanung. Entsprechend kann nach Paragraph 34 Baugesetzbuch jedes Vorhaben danach geprüft werden, ob es sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. In einer Wohnstraße überwiegt auch in den ersten Obergeschossen eindeutig die Wohnnutzung. In diesen Fällen lehnen wir eine Zweckentfremdung ab, auch wenn das Dachgeschoß ausgebaut werden soll.

Aber der Eigentümer kann Widerspruch einlegen.

Ja, dann geht das an den Senat. Ich glaube aber, daß ich mit Herrn Nagel weitgehend Übereinstimmung habe, daß er unser Vorgehen deckt. Übereinstimmung auch, daß man diese Krücke nun ablösen muß durch eine schärfere Zweckentfremdungsverbotsverordnung oder aber eine entsprechende Festlegung in den Sanierungszielen. Bis dahin werden wir weiter so verfahren: Dachgeschoßausbau wird genehmigt, aber nicht als Ersatzwohnraum für Zweckentfremdung in den Obergeschossen. Interview: Uwe Rada