piwik no script img

"Fatales Tunnel-Trio"

■ Sozialdemokraten streiten weiter um Autotunnel: Linke SPD-Bezirkspolitiker greifen Abgeordnetenhausfraktion an

Berlin. Vier Tage vor dem Landesparteitag der Berliner SPD spitzt sich der Streit um das verkehrspolitische Profil der Partei zu: Gegenüber der taz kritisierten sozialdemokratische Bezirks- und Kommunalpolitiker den Vorstand der Abgeordnetenhaus-Fraktion und die Mitglieder des Verkehrsausschusses indirekt und direkt. Ihre Vorwürfe: Die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner CDU würden nicht erfolgreich geführt und politische Entscheidungen der Öffentlichkeit gegenüber nicht nachvollziehbar dargestellt. Diejenigen, die in der Fraktion den Kurs in der Verkehrspolitik bestimmen, machten die SPD unglaubwürdig, sagte der Weddinger SPD-Kreisvorsitzende Hans Nisblé der taz. Namen wolle er aber nicht nennen.

Peter Strieder, Bezirksbürgermeister von Kreuzberg, ging einen Schritt weiter. Käthe Zillbach, als verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion an Verhandlungen mit der CDU maßgeblich beteiligt, sei „zu harmoniebedürftig“, die Vertreter der CDU dagegen „gewieft“. Als Beispiel für schlechte Verhandlungsergebnisse führte Strieder die Entscheidung für den Straßentunnel unter dem Regierungsviertel an. Zwar habe die SPD-Fraktion offiziell mehrere hundert Kilometer Busspuren und eine Aufteilung des Verkehrs von 20 Prozent Auto zu 80 Prozent Bus und Bahn im Innenstadtbereich herausholen können, doch sei versäumt worden, die Umsetzung der Ergebnisse zeitlich festzulegen. Auch in anderen Bereichen sei es nicht gelungen, vernünftige Vereinbarungen zu treffen.

Der Bezirksbürgermeister von Schöneberg, Uwe Saager, bezeichnete den Beschluß der Fraktion, den Straßentunnel unter dem Tiergarten mit 200 bis 300 Millionen Mark aus der Landeskasse vorzufinanzieren und gleichzeitig die BVG zu Einsparungen in Höhe von 150 Millionen Mark zu drängen, als „fatal“. Kritik dürfe aber nicht auf die verkehrspolitische Sprecherin reduziert werden. Beim Thema Verkehr bestimme schließlich ein „Trio“ aus Käthe Zillbach, dem Fraktionsvorsitzenden Ditmar Staffelt und dem wirtschaftspolitischen Sprecher Joachim Niklas den Kurs der Fraktion.

Peter Schuster, selbst Mitglied der Fraktion, räumte der taz gegenüber ein, daß es beim Thema Tempo 30 zwischen Öffentlichkeit und Fraktion offenbar zu Informationspannen gekommen sei. Er wolle seine Kritik nicht an Personen festmachen, doch wünsche er sich, daß das progressive Profil der SPD im Verkehrsbereich klarer herüberkomme. Dies sei eine Angelegenheit des Fraktionsvorstandes, der verkehrspolitischen Sprecherin, aber auch des Fachausschusses Verkehr im SPD-Landesverband. Dirk Wildt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen