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: TV-Störfall

Tatort: „Kesseltreiben“, ARD, Sonntag, 20.15 Uhr

Daß dunkle Machenschaften und laxer Umgang mit den Sicherheitsbestimmungen in einem Atomkraftwerk offenbar zur Tagesordnung gehören, mußten die Behörden in Brunsbüttel kürzlich – wenn auch widerstrebend – zur Kenntnis nehmen. Aus diesem Thema könnte mit etwas Phantasie auch ein spannender TV-Thriller gewoben werden. Der „Tatort“ des Saarländischen Rundfunks ließ sich denn auch ganz gut an mit der suggestiven Montage von beflissenem Störfallmanagement im AKW und heiterer Freizeitidylle im Windschatten des ragenden Kühlturms.

Die Exposition: Der leitende Ingenieur eines AKW-Herstellers bekommt angesichts vorsätzlich in Kauf genommener Havarien Gewissensbisse, will an die Öffentlichkeit gehen und stirbt alsbald auf mysteriöse Weise. Seine wichtigste Hinterlassenschaft aber sind drei Disketten, die den Pfusch seiner Firma belegen. Die Jagd auf diese Software beginnt; Einschüchterung, Erpressung, Kidnapping: alles ist drin. Aber wie wenig haben „Tatort“-Autor und -Regissur daraus gemacht.

Die ProtagonistInnen begingen Dummheiten geistverlassensten Kalibers; die Zufälle kamen so rechenschieberpräzis daher, daß es dem Szenaristen wohl selbst nicht geheuer war und er Kommisar Palu die peinlichen Worte „im Film glaubt einem das kein Mensch“ in den Mund legte. Hauptdarsteller Jochen Senf outrierte schimpansisch-affig. Auch sonst scheint Regisseur Schulze-Rohr von Schauspielerführung wenig zu halten: Michaela May hat sich unangenehme Schygullaismen angewöhnt, Palus luxemburgischer Kollege führte sich ein mit den Worten „Mein Name ist Zander. Jean Paul Zander“ und benahm sich fortan akkurat wie Klein Fritzchen beim James-Bond-Spiel. Nicht minder klischeeverklebt auch die bösen Buben, die die Störung des Hauskonzerts degoutanter fanden als den von ihnen verantworteten Störfall im Atomkraftwerk. Herrjeh. Gern und wohlwollend nehmen wir kritisch gefärbte Unterhaltungsfilme zur Kenntnis. Aber das herzensgute Anliegen rechtfertigt noch lange keine Kardinalblödheiten.

Abschließend noch eine überfällige, grundsätzliche Anmerkung: Wer nimmt den deutschen Beleuchtern endlich ihre blauen Filter weg? Was immer des Nachts Licht spendet, ob Vollmond oder Straßenlatüchte – nie und nimmer und keinesfalls strahlt es knallhimmelblau. Weitersagen. Herr Dittmeyer