■ Eine US-Militärintervention gegen die Serben ist möglich
: In 30 Tagen Bosnien aufräumen

Unmengen an Rhetorik haben Politiker und Militärs in den vergangenen Wochen aufgeboten, um, die Tatsachen ignorierend, gegen eine US-geführte Militärintervention in Bosnien-Herzegowina zu plädieren. Gegner militärischer Aktionen haben die Serben verschiedentlich als unschlagbar hingestellt und den Balkankonflikt als Vietnam-ähnlichen Sumpf.

Aber wer behauptet, US-Streitkräfte könnten in einen Todeskampf mit einer machtvollen jugoslawischen Armee verwickelt werden, hat wohl während der Schlacht von Vukovar 1991 geschlafen. Drei Monate lang wehrte eine Lumpenarmee aus 1.000 bis 1.500 schlecht organisierten, nur mit Infanterie ausgerüsteten Kroaten 25.000 jugoslawische Soldaten mit schwerer Artillerie, Hunderten von Panzern und MiG-Kampfflugzeugen ab. Bis ihnen die Munition ausging.

Ich habe den Vietnamkrieg und den Golfkrieg miterlebt und habe einen großen Teil der vergangenen achtzehn Monate im zerfallenden Jugoslawien verbracht. Ich habe mit Hunderten von Journalisten und Militärangehörigen gesprochen und die meisten Kampfgebiete besucht. Meine Schlußfolgerung ist, daß die Serben keine besonders guten Krieger sind. Keine Einheit der jugoslawischen Bundesarmee oder Luftwaffe, regulär oder irregulär, könnte erfolgreich gegen eine gleich große, gleichartige US-Militäreinheit bestehen – außer vielleicht beim Trinken. Die Serben kämpfen am besten gegen Alte und unbewaffnete Frauen.

Ineffektive serbische Luftwaffe

Vor zwei Wochen bereiste ich Bosnien mit dem demokratischen Kongreßabgeordneten Frank McCloskey, in Begleitung eines Marineartilleriekapitäns, der seine Befunde danach an die Marine weiterleitete. Nach einer Tour durch mehrere aufgegebene serbische Stützpunkte schlußfolgerte der Kapitän: Die Serben nutzen dieselbe Taktik, die bereits im amerikanischen Bürgerkrieg angewandt wurde. Es wäre ein leichtes, sagte Kapitän Scott Buren, die Serben auf dem Boden oder in der Luft zu bezwingen.

Auch wenn die USA keine Bodentruppen schicken wollten, könnten US-Kampfpiloten den Luftraum über Bosnien in kürzerer Zeit und mit geringeren Problemen sichern, als das über Irak geschah. Aber die Durchsetzung der Flugverbotszone über Bosnien allein wird den Krieg wenig beeinflussen, da serbische Flugzeuge im Bodenkrieg keine wesentliche Rolle gespielt haben. Vom psychologischen Terror durch Überschallbombenabwürfe und von vereinzelten Splitterbomben aus US-amerikanischer oder britischer Herstellung abgesehen, sind serbische Flugzeuge taktisch ineffektiv gewesen. Ein gutes Beispiel für ihre Treffsicherheit ist die Brücke zwischen Bosanski Brod, einer Stadt in Bosnien, und Slovanski Brod, der Nachbarstadt in Kroatien. Serbische MiGs bombardierten die 50 Meter lange Brücke täglich drei Monate lang, trafen nur sechsmal und konnten sie nicht zerstören. Schließlich wurde sie von zurückweichenden Kroaten und Muslimanen in die Luft gesprengt.

Die serbischen Streitkräfte sind nach derselben sowjetischen Struktur aufgebaut wie die irakischen. Iraker wie Serben verlassen sich stark auf Panzer und Artilleriegeschütze und lieben den Nahkampf nicht. Mit wenigen Ausnahmen ist es während des gesamten Krieges kaum zu größeren Schlachten zwischen gegnerischen Truppen gekommen. Weder Serben noch Kroaten noch Muslimanen haben die organisatorischen Fähigkeiten oder die Kommunikationsmittel, um Schlachtmanöver größeren Ausmaßes zu orchestrieren. Die Kriegführung in Ex-Jugoslawien läßt sich in vier Kategorien gliedern:

– Belagerungszustände, in denen schwerbewaffnete Serben Artillerie einsetzen, um Verteidiger in festen Positionen abzuschneiden und zu zermürben;

– Straßenkämpfe, wo wenig organisierte kleine Einheiten sich mit Maschinengewehrfeuer bekämpfen, bis eine Seite ihre Munition verbraucht hat und sich zurückzieht;

– Truppenbewegungen ohne Gegner gegen Dörfer völler Zivilisten;

– Kommandoüberfälle durch kleine Gruppen.

Die serbische Armee hat keinerlei Infanterie, um ihre Panzer und Artillerie zu schützen; diese Infanterie verschwand, als Kroaten, Albaner und Mazedonier aus der jugoslawischen Bundesarmee desertierten. Es gibt eine feste Kommandostruktur von Slobodan Milošević abwärts, aber nur ein kleiner Teil der 80.000 serbischen Soldaten hört auf ein Kommando. Die Mehrheit wird von flammenden Emotionen geleitet, von Pflaumenschnaps und unaufhörlicher nationalistischer Propaganda. Kommando-, Kontroll- und Kommunikationssysteme sind so gut wie unbekannt. Das meiste von den Serben in Bosnien benutzte Militärgerät stammt aus den späten 60er Jahren. Ihre Luftabwehr ähnelt der Nord-Vietnams vor zwanzig Jahren. Saddam Hussein hatte eine bessere Luftverteidigung.

Glücklicherweise ist in Bosnien kein „Wüstensturm“-Szenario erforderlich. Zwei US-Divisionen, eine davon mechanisierte Infanterie mit Luftunterstützung, könnten wahrscheinlich in 30 Tagen in Bosnien aufräumen. Aber die Entsendung der 82. Luftlandedivision, wie es Lord Owen vorschlägt, um UNO-Truppen zu schützen, die sich bereits in Beirut-ähnlichen Verteidigungsstellungen befinden, würde amerikanische Leben unnötig aufs Spiel setzen.

Eine „artilleriefreie Zone“

Besser wäre, ganz Jugoslawien zu einer „artilleriefreien Zone“ zu erklären. 90 Prozent aller zivilen und militärischen Opfer in Bosnien werden von serbischer Artillerie verursacht – große, gut sichtbare Waffen (keine kleinen Mörser, wie die Vietkong sie im Dschungel einsetzte) und Panzergeschütze. Jedes schwere Geschütz, das von der elektronischen Überwachung beim Schießen entdeckt wird, könnte aus der Luft zum Ziel gemacht werden, egal ob serbisch, kroatisch oder muslimanisch. Bodentruppen würden eine nur geringe Rolle spielen, wie im „Wüstensturm“.

Manche im Pentagon meinen, Bosnien sei nicht der Irak, und sie haben recht; Luftkraft könnte gegen die Serben sogar noch effektiver wirken. Die Iraker hatten eine Wüste, in der sie Panzer und Artillerie verstecken konnten, wogegen die serbische Artillerie auf flache Stellen in der Nähe von Straßen beschränkt ist. Und im wintrigen Bosnien, anders als im Irak, emittieren Feuer in Truppengebieten und Panzermotoren genug Hitze für Luft-Boden-Raketen. Der Irak konnte all seinen Nachschub durch die Wüste transportieren – der gesamte serbische Nachschub kommt über ein halbes Dutzend Brücken über die Donau oder die Drina, und ständig wird frisches Benzin gebraucht. Wenn die Bewegungen von Benzin und Ersatzteilen über diese Flüsse versiegen, endet auch die Kriegführungsfähigkeit Serbiens.

Dieselben Offiziere, die die Iraker so überschätzten – und diese waren viel besser bewaffnet und viel zahlreicher als die Serben –, verlängern jetzt die Jugoslawien- Debatte, indem sie die serbischen Möglichkeiten übertreiben. Aber wer nachdrückliches Handeln zur Beendigung des Krieges hinauszögert, spielt in Miloševićs Hände. J.P. Mackley

Der Autor ist ein US-amerikanischer Vietnam-Veteran, der gegenwärtig Pressebüros in Kroatien und Bosnien aufbaut.

Leicht gekürzt aus „Washington Post“.

Übersetzung: D.J.