■ Kommentar
: Wallfahrt für Nazis?

KOMMENTAR

Wallfahrt für Nazis?

Kann man ein Kinderheim mit Auschwitz vergleichen? Natürlich nicht. Doch jetzt, wo ein ehemaliges BDM- und HJ-Heim unter Denkmalschutz gestellt werden soll, muß man sich mit dem Vergleich befassen. Die Erhaltung des Konzentrationslagers in Auschwitz als Mahnmal bedarf keiner Diskussion: Alle sind sich einig, hier wird gemahnt und nicht glorifiziert. Doch das Erhalten und Schützen des Nazi-Heims in Volksdorf stößt auf heftigen Widerstand. Man befürchtet, der Bau könne zu einer Wallfahrtsstätte für Rechtsradikale werden. Der Einwand ist nachvollziehbar. Denn der Plan des Denkmalschutzamtes betonte zunächst nur den architektonischen Aspekt, nicht den möglichen pädagogischen.

Nun scheint alles im Lot, die angegriffene Kultursenatorin erklärte das Vorhaben des Denkmalschutzamtes nochmals, diesmal mit einer Betonung auf der mahnenden und informierenden Perspektive. Damit dürfte auch der „Bund der Antifaschisten“ zufrieden sein, forderte er doch „eine Mahnung für die Jugend und die Zukunft“.

Trotzdem sollte damit das Thema nicht beendet sein. Denn fraglich bleibt auch, ob mit solcherlei Aktionen dem neuen neofaschistischen Treiben und Denken tatsächlich entgegengewirkt werden kann oder ob gerade durch solche Denk- und Mahnmale die Neonazis erst aufmerksam gemacht werden auf neue Anhaltspunkte für ihre Wurzeln in der Vergangenheit und darin neue Wirkstätten für die Zukunft finden. Dann nämlich könnten auch KZ-Gedenkstätten zu neofaschistischen Kultstätten werden. Annette Bolz