„Weniger Kita für mehr Kinder“

■ Alarm: weniger Kita-Plätze — und genau die falschen / Kita-ChefInnen ungehorsam

Es ist diesmal nicht dasselbe wie jedes Jahr, wo Kitas und Eltern, zu Recht, Alarm schlagen und sagen: Die Kindergarten- Plätze reichen nicht aus. Diesmal ist das auch so, aber es kommt Entscheidendes hinzu. Gestern wandten sich die Gesamt-Elternbeiräte der städtischen und evangelischen Kitas (Kinder-Tagesheime) und die PersonalrätInnen an die Presse. Es gibt nicht nur viel zuwenig Plätze, nämlich rund 3.700 vergebliche Nachfragen (abzüglich der erfahrungsgemäß 10% Doppel-Anmeldungen), sondern zusätzlich ein grausliches Spar-Spiel der Behörde (vgl taz v. 4.3.93). Fast ohne verwirrende Zahlen gesagt: Es gibt für die Kleinen entweder Ganztags-Betreuung (8 Stunden), Teilzeit-Betreuung (6 Std.), oder Halbtags-Betreuung (4 Std., ohne Mittagessen). Nach dem Behörden-Motto „Wir machen weniger, aber das für mehr Kinder“, wie Personalrätin Jutta Mau sarkastisch zusammenfaßte, will man jetzt ausgerechnet die am stärksten nachgefragten Ganztagsangebote zurückfahren. Die sind aber für berufstätige Eltern und Alleinerziehende existenziell wichtig. Dafür will man die Teilzeit-Angebote ausbauen — die werden am wenigsten nachgefragt, und deshalb kann man da dann manche Gruppen ganz einsparen: Laut Sparquote muß auch das Sozialressort 21 Stellen in diesem Bereich streichen.

Daß diese Umstrukturierung „völlig am Bedarf vorbei“ gehe, so Eltern-vertreter Rainer Moiz, bestätigen übereinstimmend die, die es wissen müssen, aber nicht gefragt wurden: Kita-LeiterInnen, PersonalrätInnen, Eltern. „Dieser Plan greift erheblich in die Leben und die Autonomie der Frauen ein“, erklärte Jutta Mau, „mit nur vier Stunden Kinderbetreuung am Tag plus Weg kann man keinen Beruf organisieren, nicht mal als Teilzeit. Das macht die Arbeitssituation von —zig Frauen kaputt.“ Das gilt besonders für sozial schwache Familien und ausländische, betont die Leiterin der Kita Kornstraße, „und gerade jetzt ist unsere Arbeit für ausländische Familien sehr wichtig.“

Ein paradoxes, aber wahres Beispiel für viele: In einer Lüssumer Kita, benachteiligtes Wohngebiet, gab es bislang 60 Ganztagsplätze, nach den neuen Plänen nur noch 40 — aber 74 Anmeldungen dafür. Für die anstatt eingerichtete Halbtags-Gruppe mit 20 Plätzen gibt es nur 13 müde Anmeldungen — ob das reicht als Gruppenstärke, ist noch offen. Aber: Die Kita-ChefInnen sind ungehorsam und machen Druck. Alle LeiterInnen aus der Neustadt und viele andere haben zum Stichtag 8.3. der Behörde gar nicht die von oben geforderten Spar-Zahlen und -Gruppen gemeldet, sondern den wirklichen Bedarf und die nötigen (Ganztags-)Gruppen. Moitz: „Eine Menge Aktionen sind noch geplant.“ S.P.