■ Mit dem FCKW-Umstieg auf du und du
: Brasilien vorn

Sao Paulo (taz) – Der von Störfällen geplagte Chemieriese Hoechst streicht im fernen Brasilien regierungsoffizielles Lob ein. Seit drei Monaten produziert der Konzern dort den FCKW-Ersatzstoff HFKW 134a (Hydroflurkohlenwasserstoff), bei dessen Zusammensetzung der Ozonkiller Chlor gegen Wasserstoff ausgetauscht wird. Das von der chemischen Industrie weltweit favorisierte Ersatzprodukt HFKW 134a zerstört die schützende Ozonschicht nicht mehr. Auch diese Chemikalie hat aber Nachteile: sie trägt erheblich zur Erwärmung des globalen Klimas bei.

Der chlorfreie Ersatzstoff wird bis jetzt nur von den Chemiefirmen Du Pont in den USA und ICI in Großbritannien hergestellt. Du Pont, der weltweit größte Hersteller von FCKW, hat nach neuen Horrormeldungen der Vereinten Nationen über das Verschwinden der Ozonschicht einen beschleunigten Ausstieg aus der FCKW- Produktion angekündigt. Weil jetzt auch über den Häuptern der Europäer und US-Amerikaner die Ozonschicht dünner wird, will die Firma in den USA bis Ende 1994 aussteigen. Das gleiche zeitliche Ziel hatten sich Hoechst und ICI schon vorher gesetzt.

Die 700 Tonnen „Reclin 134a“, so der kommerzielle Name des FCKW-Nachfolgers, die Hoechst in diesem Jahr in Brasilien herstellen will, werden zunächst komplett in die Bundesrepublik exportiert. In der deutschen Zentrale wird Hoechst wegen Genehmigungsproblemen voraussichtlich erst 1994 mit der Produktion von „Reclin 134a“ beginnen.

Brasilien selbst wird von der Produktion des weniger umweltschädlichen Gases also zunächst kaum profitieren. HFKW ist zur Zeit noch viermal teurer als der Ozonkiller FCKW. Experten haben vorgerechnet, daß sich dieser Preisunterschied im Endprodukt, zum Beispiel ein einfacher Kühlschrank, nur mit einem Aufschlag von 1,2 Prozent bemerkbar machen würde. Wesentlich aufwendiger jedoch ist die Umstellung der betroffenen Industrien (Kälte- und Klimatechnik, Elektronik- und Computerbranche) auf das neue Produktionsverfahren.

Laut dem 1987 abgeschlossenen Protokoll von Montreal, zu dessen Unterzeichnern auch Brasilien gehört, bleibt den Ländern mit niedrigem FCKW- Verbrauch eine Gnadenfrist bis zum Jahre 2005, um die Produktion des Ozonkillers endgültig einzustellen. Die Europäer verpflichteten sich vom 1.1.95 an, die Vereinigten Staaten ab 1.1.1996 zum Verzicht auf die schädliche Substanz. Astrid Prange/ten