Innensenator will Juden abschieben

■ Woche der Brüderlichkeit: Drei russische Juden dürfen nicht hierbleiben

Berlin. Just in der „Woche der Brüderlichkeit“ zwischen Christen und Juden wird in der Senatsverwaltung für Inneres die Abschiebung dreier Juden vorbereitet. Die drei sind Familienangehörige jener rund 300 Juden aus der GUS, die im Frühjahr 1991 über Israel nach Berlin kamen. Der damalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Heinz Galinski, hätte sie zwar sehr viel lieber in Israel gesehen, wehrte sich aber gegen die drohende Abschiebung: Es sei unerträglich, „heute hier Juden wieder auszuweisen“. Sie durften bleiben. Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) verunglimpfe das Andenken des Toten, kritisierte Claus Rosenkranz als Anwalt der Betroffenen, wenn er als ein Mitglied des „Heinz-Galinski-Kreises“ nun mit derlei Zwangsmaßnahmen drohe.

Dieser Kreis war Anfang des Jahres von 16 prominenten Persönlichkeiten gegründet worden, um im Geiste Galinskis gegen rechtsradikale und antisemitische Tendenzen vorzugehen. Mitglieder sind unter anderem der Publizist Klaus Bölling und Heckelmanns Senatskollegen Volker Hassemer und Ulrich Roloff-Momin. Letzterer bezog gegenüber der taz bereits Stellung: „Ich bin dafür, daß die Juden bleiben dürfen.“ Auch Ex-Regierungssprecher Klaus Bölling befand, daß man hier „nicht nach Schema F vorgehen darf“ und „ganz sicher eine andere Lösung finden kann“.

In den drei Fällen geht es um den 36jährigen Serguei B., die 27jährige Natalia K. und den 30jährigen Vladimir L. Alle drei kamen im August 1992 nach Berlin, weil ihre Ehepartner als sogenannte Golfkriegsflüchtlinge seit Frühjahr 1991 hier leben. Die Ehefrau von Serguei B. hat nach Auskunft ihres Anwalts viele Angehörige verloren, als die SS in der Schlucht von Babi-Yar über 33.000 Juden erschoß. Sie selbst ist schwerbehindert, seit nach einem Fliegerangriff der Nazis ein Bein amputiert werden mußte. Ihrem Mann, der sich bis August 1992 um seine kranken Eltern in Kiew kümmerte, verwehrte die Ausländerbehörde im Dezember die Aufenthaltsgenehmigung. Wie er soll auch Natalia K. in die Ukraine abgeschoben werden. Sie hatte ihren hier mit Arbeit und Wohnung versehenen Mann erst im Februar in Berlin geheiratet. Dem Familienvater Vladimir L. schließlich geriet es zum Verhängnis, daß ihn die Heimleitung nicht im selben Wohnheim wie seine Frau und Tochter anmelden wollte. Obwohl die Familie laut Anwalt inzwischen längst in einer Wohnung in Neukölln lebt, monierte die Innenbehörde in ihrem Widerspruchsbescheid vom November 1992 das Fehlen einer gemeinsamen Meldeadresse.

Die Pressestelle der Innenbehörde sah sich gestern noch nicht in der Lage, abschließend zu den Fällen Stellung zu nehmen. usche