Rabin wünscht neues Camp David

Israelischer Ministerpräsident trat USA-Besuch an/ Koordination im Vorfeld der nächsten Nahostgespräche/ Palästinenser verweigerten Annahme der Einladung  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Einen Monat vor Beginn der nächsten, neunten Gesprächsrunde im israelisch-arabischen Friedensprozeß hat der israelische Ministerpräsident Jitzhak Rabin gestern eine zehntägige USA- Reise angetreten. Im Mittelpunkt der Gespräche mit dem US-Präsidenten sowie den Außen- und Verteidigungsministern wird die Koordination für die bevorstehende Verhandlungsrunde stehen. Aber der israelischen Seite ist auch daran gelegen, die militärische Überlegenheit des jüdischen Staates in der Region aufrechtzuerhalten und das strategische Bündnis beider Staaten den veränderten internationalen Gegebenheiten anzupassen. Der Zeitpunkt des Besuchs wird in Jerusalem wegen des spektakulären Attentats auf das New Yorker World Trade Center als ausgesprochen günstig eingeschätzt. Schließlich ist es eines der Ziele Rabins, im Rahmen einer gemeinsamen Nahostpolitik auch gemeinsam gegen die „iranische und islamisch-fundamentalistische Weltgefahr“ vorzugehen.

Vor seinem Abflug schlug Rabin in einem Interview vor, die USA sollten eine Gipfelkonferenz aller am Friedensprozeß Beteiligten einberufen, sobald die wesentlichen Differenzen am Verhandlungstisch weiter reduziert worden sind. Eine Art Wiederholung des Camp-David-Gipfels vor fünfzehn Jahren, mit dem US-Präsidenten und Außenminister in Rolle von Krisenmanagern, ist eine der von Israel bevorzugten Optionen.

In Camp David war Präsident Jimmy Carter der Pate, der das israelisch-ägyptische Friedensabkommen zusammen mit Menachem Begin und Anwar el-Sadat aus der Taufe hob. Damit sicherten sich die USA ihre politisch-strategische Vormachtstellung im östlichen Mittelmeerraum und verankerten gleichzeitig ihren entscheidenden Einfluß auf die übrige arabische Welt sowie auch auf erhebliche Teile Afrikas.

Sichtlich faßt Rabin, im engen Einverständnis mit der Clinton- Regierung, jetzt vor allem eine Erweiterung des Friedensprozesses durch die Einbeziehung Syriens in einen sich vermutlich bald herauskristallisierenden Mittelostblock ins Auge. Sowohl Washington als auch Jerusalem sind der Ansicht, daß eine Konzentration auf die Verbesserung der israelisch-syrischen Beziehungen den notwendigen Antrieb für Fortschritte in den Verhandlungen mit den anderen arabischen Partnern geben wird.

Was die Gespräche mit den Palästinensern betrifft, so sucht Rabin ein neues amerikanisches Versprechen, daß der Dialog zwischen den USA und der PLO nicht wiederaufgenommen wird. Außerdem, so ein weiteres Anliegen des Ministerpräsidenten, soll die US- Regierung zusichern, daß die Frage der Zukunft Jerusalems bei den bilateralen Gesprächen nicht auf die Tagesordnung kommt und daß die Verhandlungen mit Syrien unabhängig von den Gesprächen mit den Palästinensern verlaufen. Die israelischen Vorstellungen zielen darauf ab, keine gemeinsame arabische Front für eine allumfassende Lösung entstehen zu lassen.

Der Tatsache, daß die palästinensische Verhandlungsdelegation es am Mittwoch abgelehnt hat, die amerikanisch-russische Einladung zur nächsten Gesprächsrunde am 20.April in Washington entgegenzunehmen, wird dabei nicht allzuviel Gewicht beigemessen. Dieser Schritt wird nicht als endgültig angesehen. Delegationsmitglied Ziad Abu Ziad erklärte gestern, die palästinensische Führung könne die Lage in den besetzten Gebieten nicht ignorieren. Die Palästinenser fordern von Irsael die Zusicherung, daß keine weiteren Deportationen erfolgen und sich das Auftreten der Besatzungsmacht gegenüber der palästinensischen Bevölkerung deutlich ändert. Israel müsse die Initiative ergreifen, um den Teufelskreis der Gewalt in den besetzten Gebieten zu brechen, sagte Ziad Abu Ziad.

Vermutlich werden nun die kommenden vier Wochen genutzt werden, um eine Situation herzustellen, die den Palästinensern die Teilnahme an den Washingtoner Gesprächen ermöglicht.