Roter Teppich für Milošević

■ Owen und Vance wollen Milošević überzeugen, Karadžić umzustimmen

Paris/Straßburg/Sarajevo/Belgrad (taz/afp/dpa/ap) – Offiziell ist Slobodan Milošević nur Zuschauer des Krieges in Bosnien-Herzegowina. Sein gestriger Empfang in den Prunksälen des Pariser Elysée- Palastes drückt aber die wirkliche Bedeutung des serbischen Präsidenten für die Entwicklung auf dem Balkan durchaus angemessen aus. Zwar bestreitet Serbien unverfroren, am Krieg überhaupt beteiligt zu sein. Doch steht die logistische Unterstützung der serbisch- bosnischen Truppen durch das Regime in Belgrad außer Frage. Und so hoffen nun Cyrus Vance und David Owen, die beiden bisher glücklosen Vermittler einer politischen Lösung, Milošević in Paris dazu zu bringen, seinem Freund Radovan Karadžić, den Führer der bosnischen Serben, die Zustimmung zum Friedensplan der UNO und EG abzuringen. Dieser befürwortete die erneute Einschaltung des serbischen Präsidenten in die Endlos-Debatte. „Milošević genießt unser großes Vertrauen“, sagte er. Jeder serbische Präsident vertrete alle serbischen Interessen gut. Womit er natürlich auch sich selbst meinte. Noch am Tag zuvor hatte er im übrigen seine Ablehnung der von Vance und Owen vorgeschlagenen Grenzen zwischen den zehn künftigen weitgehend autonomen Provinzen Bosnien-Herzegowinas erneut bekräftigt. Seine Freischärler müßten etwa ein Drittel der von ihnen eroberten und „ethnisch gesäuberten“ Gebiete wieder räumen.

Aber auch die bosnische Regierung lehnt diesen Teil des Friedensplans weiterhin ab. Ihr Botschafter bei der UNO, Muhamed Sacirbey, sagte in New York, Präsident Alija Izetbegović habe Mühe, den Plan in seinem Regierungskabinett durchzusetzen. Es gebe Bedenken wegen der Grenzziehung, wegen der Kompetenzabgrenzungen zwischen der Zentralregierung und den Provinzregierungen, wegen des politischen Status für Sarajevo und der Sicherheit der Zivilbevölkerung in einem Übergangsstadium.

Starre Fronten auch vor Ort. Seit über zwei Tagen bittet der Kommandant der UN-Truppen in Bosnien, Philippe Morrillon, in Zvornik, an der Grenze zwischen Serbien und Bosnien, vergeblich um Erlaubnis, im nahen Konjevic Polje 75 Schwerverletzte bergen zu dürfen. Die Sicherheit des UN-Generals könne nicht gewährleistet werden, begründeten örtliche serbische Kommandanten ihre Weigerung, den Hilfskonvoi der Vereinten Nationen passieren zu lassen. Bei den Kämpfen um die von Serben belagerte Stadt sind Amateurfunkern zufolge über hundert Menschen getötet worden. Weiterhin umzingelt ist auch Srebrenica, wo täglich 20 bis 30 Menschen verhungern sollen. Vorgestern gelang es zum erstenmal bosnischen Regierungstruppen, acht schwerverwundete Soldaten und zwei Zivilisten aus der belagerten Stadt per Hubschrauber ins 70 Kilometer entfernte Tuzla auszufliegen. Amateurfunker, zur Zeit die einzige Nachrichtenquelle aus den umzingelten ostbosnischen Städten, berichteten, serbische Verbände hätten nun den letzten Verteidigungsring gesprengt und stünden drei Kilometer vor der Stadt. thos