Verschärfte Meldekontrollen für Arbeitslose

■ Arbeitslose dürfen demnächst monatlich zum Arbeitsamt pilgern

Berlin (taz) – Wer Arbeitslosengeld oder -hilfe bezieht, muß künftig damit rechnen, einmal im Monat zum Arbeitsamt vorgeladen zu werden. Eine entsprechende Weisung der Bundesanstalt für Arbeit (BA) an die Arbeitsämter liegt der taz vor.

Danach sollen in den alten Bundesländern die Hälfte und in den neuen ein Drittel der Arbeitlosen kontrolliert werden. Arbeitslose aus der Baubranche, der Gastronomie und dem Reinigungsgewerbe sollen zu 100 Prozent überprüft werden. Die Meldekontrollen werden „vorübergehend für ein halbes Jahr“ eingeführt. Mittels Meldepflicht will man denjenigen auf die Schliche kommen, die zu Unrecht Leistungen der Bundesanstalt kassieren.

Auch die Zumutbarkeits-Anordung soll „strikter“ angewendet werden. Die Arbeitsämter sollen zudem sicherstellen, daß „bei Gewährung von Arbeitslosenhilfe das Vermögen wirksamer abgefragt wird.“ Es soll auch stärker kontrolliert werden, daß LeistungsempfängerInnen, die vorübergehend mehr als 18 Wochenstunden arbeiten, kein Arbeitslosengeld oder -hilfe bekommen. Durch verstärkte Außenprüfungen von Betrieben sollen zudem mehr Fälle illegaler Arbeitnehmerüberlassung und illegaler Beschäftigung von AusländerInnen aufdeckt werden.

Die Weisung des Präsidenten der Bundesanstalt, Bernhard Jagoda, geht auf einen Beschluß des Vorstandsausschusses der BA vom 24. Februar zurück. Bei der Umsetzung drängt Jagoda: „Ich bitte, bereits vor ergänzenden Weisungen zu einzelnen Punkten ab sofort entsprechend zu verfahren“, heißt es in dem Schreiben.

Eile ist deshalb geboten, weil die Bundesanstalt bis zum 15. Mai nachweisen muß, daß sie in diesem Jahr eine Milliarde Mark durch das Aufdecken von Leistungsmißbrauch und illegaler Beschäftigung einspielen kann. Ab 1994 sollen jährlich sogar mehr als drei Milliarden Mark eingetrieben werden. Gelingt der Nachweis im Mai nicht, werden bei Arbeitslosen mit mindestens einem Kind Arbeitslosengeld und -hilfe um ein Prozent, bei allen anderen um drei Prozent gekürzt. Das gleiche gilt für Schlechtwetter-, Kurzarbeiter- und Altersübergangsgeld.

Die Meßlatte ist hoch angelegt. 1991 hat die Bundesanstalt durch Kontrollen insgesamt 200 Millionen Mark erwirtschaftet. Schon bisher war die Behörde nicht gerade untätig. Sie gleicht die Daten aller LeistungsempfängerInnen mit der Beschäftigtenstatistik der Krankenkassen ab. Wer Bezüge von der BA erhält und gleichzeitig als sozialversicherungsspflichtig gemeldet ist, fliegt auf. Diese Überschneidungsmitteilungen sollen künftig „beschleunigt“ bearbeitet werden. – Eine Anfrage beim ArbeitsamtI in Berlin, ergab, daß die neue Anweisung aus Nürnberg vor Ort bisher noch nicht umgesetzt wird. „Wir sind noch in der Vorbereitungsphase“, teilte Norbert Stiffel, Direktor des ArbeitsamtesI, mit. Da zuerst die räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden müßten, sei auch in der nächsten Woche mit einem Beginn der Meldekontrollen noch nicht zu rechnen. Beim Arbeitsamt I sind gegenwärtig rund 14.000 Arbeitslose gemeldet. Wenn monatlich die Hälfte davon einmal vorgeladen werden soll, bedeutet dies laut Stiffel, daß täglich zusätzlich 350 Leute abgefertigt werden müssen. Dabei sind die MitarbeiterInnen der Arbeitsämter bekanntlich schon jetzt überlastet. In der Weisung heißt es dazu: „Dabei wird es nicht zu vermeiden sein, daß andere Aufgaben zurücktreten müssen.“ Dorothee Winden