Auf dem Spielfeld „Potsdam Eintausend“

■ Schinkelwettbewerb suchte Bilder für einen neuen Städtebau

Potsdam. Kaum mehr als kleine Präsente zur Tausendjahrfeier Potsdams sind die Ergebnisse des 138. Schinkelwettbewerbs. Die gestern vom Architekten- und Ingenieurverein Berlin (AIV) im Kulturhaus Potsdam vorgestellten Entwürfe in den Fachsparten Städtebau, Architektur, Kunst und Bauen, Landschaftsplanung sowie Ingenieurbau suchen Halt an den baulichen Traditionen der preußischen Residenzstadt. Mit den Mitteln der kritischen Rekonstruktion und einem vorsichtigen Tasten nach Neuem gehen die 147 Teilnehmer vielfach sichere Wege bei der Planung. „Auf dem Spielfeld der Groß- und Kleinmaßstäblichkeit, die sich noch immer bei der zerstörten Stadtstruktur Potsdams finden“, wie AIV-Vorsitzender Jürgen Fissler sagte, orientieren sich die jungen ArchitektInnen an den noch existierenden „Marksteinen“ der barocken Stadt.

Um so mehr bilden die vier siegreichen Wettbewerbsarbeiten in den Sparten Städtebau, Landschaftsarchitektur, Ingenieurbau sowie Kunst und Bauen Ausnahmen: So sucht der städtebauliche Entwurf der Darmstädter Studenten Jan Löken und Christian Simons mit der Idee der Verknüpfung ganzer Stadtteile zwischen Babelsberg, der Langen Brücke und dem Zentrum Potsdams einen städtischen Zusammenhang zu schaffen. Der geschwungene „Bogen“ entwickelt in einer Abfolge von Vierteln, Quartieren und Plätzen eine neue innerstädtische Architekturlandschaft. Wohn-, Arbeits- und Kulturbauten werden von einem zweiten „Bogen“ – einem Grüngürtel – begleitet.

In der Fachsparte Landschaftsarchitektur wurden von den Schinkelpreisgewinnerinnen Anne Englert und Julia Röder (Berlin) für den „Platz der Einheit“ im Zentrum Potsdams die historischen Gliederungen und Wege aufgenommen, verändert und neu interpretiert. Der Entwurf stellt gleichsam eine Metamorphose der geschichtlichen Zustände dar, indem die Wegeführungen durch verschobene Diagonalen und Kreuzungen verfremdet werden. Schließlich liefert Thomas Schriefers (Köln) Entwurf in der Fachsparte Kunst und Bauen eine lineare Kunstmeile innerhalb eines neuen baulichen Konzepts, das die Stadt als fragmentierten Leib definiert. Schiefers Idee ist deshalb so überzeugend, setzt sie sich doch mit der Gegenwart Potsdams auseinander.

Die Eigenart der Stadt besteht heute im Bruchstückhaften, in freistehenden Fragmenten, die aus dem ursprünglichen Zusammenhang herausgerissen sind. Die Lange Straße, der Markt oder die Breite Straße, einst politische und kulturelle Mitte der Stadt, verfügen über keine geschlossene Gestalt mehr. Das Zentrum gleicht einer stadträumlichen Kulisse, die baulich und ökonomisch verarmt erscheint. Schiefer greift diese Merkmale auf und steigert sie in seinem Konzept – für eine neue Einheit. Rolf Lautenschläger

Die Entwürfe werden bis zum 23. März im Kulturhaus am Alten Markt ausgestellt.