Polizisten mißhandeln Vietnamesen

■ Journalist beschwert sich bei Polizeipräsident Saberschinsky über Mißhandlung eines vietnamesischen Händlers

Berlin. Die jüngst bekannt gewordenen Übergriffe der Berliner Polizei gegen Ausländer sind offenbar keine Einzelfälle. Der Fernsehjournalist Peter Krüger, der für den Sender ORB arbeitet, hat nunmehr einen weiteren Fall öffentlich gemacht, der sich am Dienstag dieser Woche in Ostberlin zugetragen hat.

In einem an Polizeipräsident Hagen Saberschinsky adressierten Schreiben, das der taz vorliegt, schildert Krüger, wie acht Beamte, darunter offenbar auch Mitglieder der Freiwilligen Polizeireserve (FPR), vor dem S-Bahnhof Pankow mehrere vietnamesische Händler festnahmen. Einer der „körperlich zierlichen jungen Männer“ habe auf dem Bauch und mit dem Gesicht im Dreck gelegen. Über dem Vietnamesen, dessen Hände auf den Rücken gedreht und in Handschellen waren, kniete nach Krügers Beobachtung ein „großer breiter Mann“ in einer Ersatzuniform. Der Polizist, der zudem eine dunkle Sonnenbrille trug, sei „offensichtlich ein freiwilliger Polizist“ gewesen, so Krüger in dem Brief. Daneben hätten zwei Hundeführer und reguläre Beamte gestanden.

Nach Krügers Schilderung ließen die Polizisten den jungen Vietnamesen erst wieder aufstehen, nachdem Passanten sich „schreiend“ eingemischt hatten. Krüger bezeichnete die Festnahme als „völlig danebengehende Demonstration der Macht und der Feindseligkeit gegen Ausländer“. Er forderte Saberschinsky auf, den Zwischenfall aufzuklären.

Angesichts der jüngsten Meldungen über Mißhandlungen von Ausländern verlangt die „Internationale Liga für Menschenrechte“ eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Alle Beamten, mit Ausnahme der Kriminalpolizei, sollten Dienstnummer und Namensschild auf ihrer Kleidung tragen, so Michael Findeisen von der Liga. Dadurch könnte das Risiko von „Polizeiexzessen“ minimiert werden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wandte sich gestern gegen „jede Vorverurteilung und pauschale Verleumdung“. Ausreißer dieser Art ließen sich nur bedingt vermeiden, da die Behörde mit mehr als 30.000 Beschäftigten einen Querschnitt der Bevölkerung darstelle. Sollten sich die Vorfälle jedoch bewahrheiten, erwartet die GdP von Polizei und Staatsanwaltschaft eine rechtsstaatliche Untersuchung. Man gehe davon aus, daß die Polizei daran interessiert sei, derartige Vorgänge aufzuklären, um „ihre Glaubwürdigkeit in der öffentlichen Diskussion unter Beweis zu stellen“. Severin Weiland