Kindermorde in Natal

■ Sicherheitskräfte sollen beteiligt sein

Johannesburg (taz) – Noch am Ort des Massakers tauschten James Ngubane, Mitglied des Zentralkomitees der konservativen Schwarzenbewegung Inkatha, und Harry Gwala, Vorsitzender der Anti-Apartheid-Allianz „African National Congress“ (ANC) in Pietermaritzburg, Vorwürfe aus. „Der ANC will sich nie mit uns treffen“, bellte der Inkatha-Funktionär. Gwala stand dem nicht nach: „Inkatha betreibt zusammen mit den Sicherheitskräften eine systematische Ausrottungskampagne gegen uns.“ Der dritte im Bunde, Südafrikas Polizeiminister Hernus Kriel, beendete den Streit mit einer Schweigeminute für die sechs Opfer der Kindermorde, die seit Anfang März nahe der Stadt Pietermaritzburg in der Provinz Natal zu einer neuen Explosion der Gewalt führte.

Die Schulkinder wurden aus nächster Nähe erschossen, sieben verletzt, als ihr Kleinbus in einen professionell vorbereiteten Hinterhalt geriet. 14 weitere Menschen starben seitdem in dem Gebiet um den Table Mountain bei Racheakten. Die Morde rüttelteten selbst das gewaltgewohnte Natal auf. 232 Menschen starben seit Anfang dieses Jahres bei Auseinandersetzungen in der Provinz Natal. Südafrikas Regierung stellt sie als Konflikt zwischen Inkatha und dem ANC dar. Aber Harry Gwala erklärte während des Besuchs von Polizeiminister Hernus Kriel: „Die Sicherheitskräfte sind an den Morden beteiligt.“ Eine Ansicht, die durch neu veröffentlichte Dokumente verstärkt wird. Danach haben Südafrikas Sicherheitskräfte seit Mitte der 80er Jahre systematisch Konflikte unter Schwarzen geschürt.

Auch in dem Table-Mountain- Gebiet bei Pietermaritzburg gibt es Indizien für Aktivitäten der als „dritte Kraft“ bekannten Gruppierungen im Umfeld des südafrikanischen Militärs und der Polizei. Philip Powell, ein ehemaliges Mitglied der Sicherheitspolizei, fungiert in dem Gebiet als Vorsitzender des Inkatha-Ortsvereins Vulundlala und gilt unter den Bewohnern der Region als „weißer Warlord“. Willi Germund