Pannenreaktor Brunsbüttel bleibt am Netz

Jede fünfte Schweiß-Naht in Brunsbüttel defekt/Einige Risse entstanden erst während des AKW-Betriebs/  ■ Demo am Samstag

Dithmarschens Bürgerinitiativen machen gegen den Pannenreaktor Brunsbüttel mobil. Unter dem Motto „Frischer Wind aus Nord — stillegen sofort“ demonstrieren die Atomgegner am Samstag für die endgültige Abschaltung des AKWs.

Immer mehr Risse wurden inzwischen in den Austenit-Rohren des Siedewasser-Reaktors gefunden. Neueste Zahl: 225. Inzwischen sind in Brunsbüttel 1028 Nähte überprüft, von denen immerhin jede fünfte defekt war. Elf Schweißnähte wurden bisher herausgetrennt und in verschiedenen Instituten eingehender inspiziert.

Neue Indizien sprechen dafür, daß zumindest einige Risse erst während des AKW-Betriebes entstanden, berichtete Ralf Stegner, der Sprecher des Kieler Energieministeriums vergangene Woche in Brunsbüttel. Bei der Durchleuchtung des Risses „13.3 B“ kam heraus, daß derselbe TÜV-Gutachter diese Naht schon 1979 und 1993 geröntgt hatte. „Auf der alten Aufnahme ist kein Riß zu erkennen“, so Stegner. Auch die jetzt auf ihr Alter analysierten Ablagerungen im Rohr deuteten darauf hin, daß der Riß nicht älter als ein Jahr sei. Um zu testen, ob ein solcher Defekt überhaupt schon beim Herstellen der Schweißnaht entstanden sein kann, habe das Ministerium mit verschiedenen Schweißverfahren versucht, derartige Risse zu erzeugen — ohne Erfolg.

Trotz alledem beharrt die Betreibergesellschaft HEW darauf, daß sich die Risse schon beim Zusammenschweißen der Rohre bildeten. „Ein definitives Ergebnis gibt es bislang nur für drei Schweißnähte“, sagte HEW-Sprecher Johannes Altmeppen, und diese drei Befunde hätten eine herstellungsbedingte Ursache. Würde sich das Gegenteil herausstellen, müßten die Rohrleitungen aller Kraftwerke durchgetestet werden, in denen Austenit verarbeitet wurde.

Dazu gehört auch das AKW Krümmel. Hier werden nach Stegners Angaben jetzt erst einmal die alten Röntgenbilder der Schweißnähte kontrolliert, da nach Aussagen ehemaliger Materialprüfer Aufnahmen zum Teil gefälscht oder vertauscht wurden. Die Prüfung soll insgesamt drei Monate dauern, das AKW bleibt derweil am Netz. Verwunderlich für Marion Lewandowski von „Eltern für unbelastete Nahrung“. Ihre Kritik: „Wenn die Risse in Brunsbüttel betriebsbedingt sind, was Kiel ja unterstellt, dann können auch in Krümmel Risse vorhanden sein. Die alten Röntgenbilder, die in der Bauphase bis 1983 entstanden sind, haben dann keine große Aussagekraft. Deshalb muß Krümmel sofort abgeschaltet werden.“ VM/Dirk Seifert

Demonstration in Brunsbüttel: Sa, 20.März, 11 Uhr vom Alten Markt zum AKW; Abfahrtzeiten ÖPNV bei Robin Wood, Tel. 040/3909556