Ruckzuck-Politik

Das Asylschiff und die Neuenlander Straße: Zwei ganz normale Konflikte treiben die Ampel-Koalitionäre um, und man reibt sich verwundert die Augen, welche Dramatik plötzlich aufkommt. Jetzt muß alles ruckzuck entschieden werden, tönt es von so manchem Kommentatorenplatz: Die Politik hat genug geredet, Arschbacken zusammengekniffen und durch!

Unbestritten, daß Politik ein Vollzugsdefizit hatte. Aber das Politikverständnis, das sich hinter dem hackenschlagenden Eilverfahren-Pragmatismus verbirgt, das kann Schaudern machen. Billiger kann Populismus gar nicht mehr sein! Daß der Kasseler Erdrutsch wegen der Verkehrspolitik nicht gerade Mut auf neue Ideen macht, das ist zu verständlich, doch wer jetzt den BürgerInnen vorgaukelt, mit einer Ruckzuck-Entscheidung an der Neuenlander Straße seien auch die Verkehrsprobleme ruckzuck vom Tisch, der bereitet die nächste Enttäuschung vor. Jahre werden vergehen bis zum ersten Spatenstich. Die Leute werden bis dahin und darüber hinaus weiter im Stau stehen. Ehrlicher wäre es zu sagen, was sowieso viele schon wissen: Daß diese Gesellschaft dringend ihre Mobilität einschränken muß. Das lehren schon die allmonatlichen Horrordaten über das Ozonloch. Und dieser Prozeß, der geht alles, nur nicht ruckzuck. Jochen Grabler