piwik no script img

Erst 2.000 Jobtickets

■ Bisher haben nur acht Firmen Karten gekauft / IHK bemängelt Bedingungen, BVG kritisiert Zurückhaltung der Wirtschaft

Berlin. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) werden das Jobticket nicht los. Bisher haben erst acht Betriebe die für Arbeitnehmer vergünstigte Jahreskarte gekauft – insgesamt kommen nur 2.000 Berufstätige in den Genuß der verbilligten, aber nicht übertragbaren Umweltkarte. In Westdeutschland hat sich das Ticket dagegen zum Verkaufsschlager entwickelt, ergaben Recherchen der taz. 66 Unternehmen (42.000 Beschäftigte) haben einen Vertrag mit dem Rhein-Ruhr-Verbund geschlossen, in Frankfurt fahren 38.000 und in der Hansestadt Hamburg schon 35.000 Angestellte mit der günstigen Firmenfahrkarte.

Die Industrie- und Handelskammer begründet das Desinteresse damit, daß die BVG der Berliner Wirtschaft ein „sehr unflexibles Angebot“ mache. IHK-Sprecher Egbert Steinke bemängelt, daß die Fahrkarte für jeden Arbeitnehmer gekauft werden müsse – auch wenn er zur Arbeit zu Fuß gehe oder mit dem Rad fahre. Ein Teil der Tickets würde deshalb gar nicht gebraucht, der Rabatt ginge dadurch faktisch verloren. Vorschlag der Handelskammer: Nur für die Hälfte der Beschäftigten eines Betriebes müsse das Ticket erworben werden.

Doch die BVG will nicht nachgeben, es seien dieselben Bedingungen wie im Rhein-Ruhr-Gebiet. Abteilungsdirektor Andris Mamis gibt zwar zu, daß der gewährte Rabatt – Firmentickets sind 10 Prozent billiger als Umweltkarten – zum Teil verloren ginge. Aber, gibt Mamis zu bedenken: „Wie sollen wir prüfen, wer tatsächlich zu Fuß oder mit dem Rad kommt?“

Mamis sieht die Ursache weniger in den Konditionen begründet als darin, daß die Wirtschaft auf Grund der Rezession eine „abwartende Haltung“ einnimmt, wenn es gilt, Mitarbeitern Vorteile zu verschaffen, mit denen Kosten verbunden sind. Außerdem sei ein Nachteil, daß die übertragbare Umweltkarte mit 74 Mark (West) und 60 Mark (Ost) sehr billig sei. Im Gegensatz zu Westdeutschland, wo vergleichbare Karten über 200 Mark kosten, sei das verbilligte Jobticket in Berlin wenig attraktiv. Für eine Änderung der Tarife sei allerdings nicht die BVG, sondern das Abgeordnetenhaus zuständig.

Die Verkehrsverwaltung hält sich bei dieser Frage bedeckt. Das Pilotprojekt Jobticket werde gemeinsam mit den Nahverkehrsunternehmen im Berliner Umland ausgewertet. Ob dann – nach der Sommerpause – „begrenzte Konditionsveränderungen“ vorgenommen werden, könne heute noch nicht vorausgesehen werden, hieß es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, die Käthe Zillbach (SPD) gestellt hatte. Dirk Wildt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen