■ Press-Schlag
: Ruhe für die Elche

Wer in diesen Tagen in Norwegen einmal einen echten Elch sehen wollte, brauchte nur beim Alpinski- Weltcup in Lillehammer vorbeizuschauen. Denn während sich die Menschen der Region das Wochenende traditionell mit Skilanglauf in den Wäldern vertrieben, herrschte am künftigen Olympiahang eine geradezu idyllische Ruhe. Die Rennen der Weltbesten interessierten die Einheimischen ungefähr so wie die Resultate von der Galopprennbahn Köln-Wiedenpesch.

In grenzenloser Euphorie hatten die OrganisatorInnen 17.000 Eintrittskarten drucken lassen. Während der dreitägigen Veranstaltung konnten jedoch gerade 500 Tickets verkauft werden. In Oslo drängten sich derweil fast 80.000 Menschen bei den klassischen nordischen Skispielen am Holmenkollen.

Dabei sorgten Norwegens Alpin-Asse gerade in dieser Saison für Furore. So wurde zum Beispiel bei der Ski-WM vor wenigen Wochen im japanischen Morioka kräftig abgeräumt. Dreimal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze nahmen sie mit ins Land der Mitternachtssonne. Allerdings gingen davon allein fünf Medaillen auf das Konto der Männer, darunter alle drei Meistertitel. Den Frauen blieb dagegen der ganz große Wurf (noch) versagt. „Wir sind gerade erst dabei, Anschluß an die absolute Weltspitze zu finden“, stellte die Slalom-Spezialistin Anne Berge fest. Doch die positive Entwicklung der vergangenen beiden Jahre reicht noch lange nicht aus, um ein Volk von eingefleischten Langlauffans in Scharen an die Alpinpisten zu locken. „Für viele Menschen in Norwegen ist ein ausgedehnter Skiausflug am Wochenende der Kick überhaupt“, weiß die WM-Neunte von Morioka, „aber ich glaube, wenn wir so weitermachen, wird der Alpinsport hierzulande bald genauso populär wie der Nordische.“ Diese Zuversicht teilt auch Martin Burkhalter, der Sportdirektor des olympischen Organisationskomitees in Lillehammer. Bereits für das kommende Wochenende prophezeit er 10- bis 15.000 Zuschauer bei der Weltcupabfahrt der Männer im benachbarten Kvitfjell. „Allein für dieses Rennen haben wir bereits 5.000 Tickets abgesetzt“, berichtete er, „darüber hinaus sind die Alpin-Wettbewerbe der Männer bei der Olympiade im nächsten Jahr schon so gut wie ausverkauft.“

Dagegen stapeln sich die Karten für die Frauenrennen immer noch in den Schubladen des Organisationskomitees. Nach offiziellen Angaben sind es 54.500, das heißt fast ein Drittel des noch vorhandenen Kartenkontingents. Genau 333 Tage vor dem Beginn der Spiele ist dies jedoch für Burkhalter kein Grund zur Panik: „Sobald die nordischen Wettkämpfe ausverkauft sind, werden sich die Leute auch auf die Alpin- Rennen der Frauen stürzen.“ Wahrlich ein schwacher Trost. Aber zumindest ein wenig Hoffnung für die Elche, olympische Ruhe in den Wäldern genießen zu können... Thomas Samboll