Obdachlose in Woltmershausen

■ Betr.: „Der Ton wird immer schlimmer“, taz 17.2.

Genau das behaupte ich von eurer Art, Journalismus zu betreiben. Ich beziehe mich auf den Artikel über die Beiratssitzung in Woltmershausen. (...) Aufbau und Ton des Artikels sind reißerisch, putschen auf und erinnern mich fatal an Bild-Zeitungs-Niveau. Zur sachlichen Auseinandersetzung mit dem Problem der notwendigen Unterbringung von obdachlosen Drogenabhängigen trägt er sicherlich nicht bei. Ich will nicht verschweigen, daß viele der wütenden, bösen und emotionsgeladenen Aussprüche auf der Beiratssitzung empörend und beängstigend sind und ich sie nicht akzeptieren kann und will. (Oberneuländer denken sowas eben nur). Andererseits kenne ich aus langjähriger Arbeit in dem Gebiet Warturmer Platz/Senator-Paulmann-Str. viele Schwierigkeiten und Probleme der Anwohner und nehme ihre berechtigten Ängste ernst. (...) In eurem Artikel fehlt die auf der Beiratssitzung auch vorgetragene sachliche Kritik an dem Projekt völlig, z.B. wird die grundsätzliche Kritik an einem Konzept der Massenunterbringung von Drogenabhängigen (oder sind 40 Menschen keine Masse?) total unterschlagen. Um nicht falsch verstanden zu werden. Mir geht es jetzt nicht um die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema, sondern einzig um eure Berichterstattung. Weiter nur noch die gröbsten Fehler: Nicht die Anwohner haben den Begriff „Zigeunerlager“ geprägt — wie ihr es suggeriert - sondern es hieß bis 1971 offiziell in den Bremer Amtsstuben so. Und den Müllplatz gab es nicht anschließend, sondern bereits seit 1930, so daß die „Zigeuner“ direkt neben und z.T. sogar auf der Müllkippe unter menschenunwürdigen Bedingungen leben mußten. Ausstellungen dazu gab es im Kulturladen Pusdorf, ebenso während einer Projektwoche im Schulzentrum Butjadinger Str. Das Bild zeigt nicht den Container- Platz, sondern einen Teil der ehemaligen Müllkippe. Insgesamt habe ich den Eindruck, daß dieser Artikel mit dem grundsätzlichen Standpunkt „konsequent für Junkies“ entstanden ist und — wenn überhaupt — schlampig recherchiert wurde. Ich finde es peinlich für die Bremer Presselandschaft, daß der klarste und differenzierteste Beitrag über die Beiratssitzung in der CDU Postille Weser-Report zu lesen war. In diesem Umfeld habe ich mich noch nie befunden! Lore Romann, Erlenstr.