Mittwochsblick (7)

■ Frühlingsfrohe Fische

MITTWOCHSBLICK (7)

Frühlingsfrohe Fische

hier das foto mit der

Mauer

Alle kennen solche Stellen in der Stadt: Man kann jahrelang dran vorbeigehen und immer wieder denken: Was ist das bloß? Eine Hauswand, ein Schild, ein Laden. Der flüchtige Blick ist schnell vergessen — bis zum nächsten Mal. Heute: Die Fische an der Waller Friedhofsmauer.

Ich fahre Straßenbahn, lehne die Schulter an die Scheibe und halte in der Hand einen dicken Pinsel aus dem Fenster, mit satter gelber Farbe dran, die Straßenbahn fährt, und ich male die Linien auf die Mauer am Straßenrand, immer um die süßen blauen Fische herum, viele hundert Meter.

Es ist die Drei, welche an der Waller Friedhofmauer entlangfährt, Richtung Gröpelingen und diesen erfreulichen Blick beschert: fröhliche dicke Fischlein, die aus zwei gelben Wellenlinien springen. Selbst im trüben Früh- Frühling erinnern sie an summertime und fish are jumping.

Es war der Bremer Künstler Dieter Gerdes, der 1990 für die „Kunst im öffentlichen Raum“ beauftragt wurde, die lange triste Friedhofsmauer aufzuheitern. Seit 20 Jahren vergibt Bremen Künstlerarbeiten dieser Art, damit, so Kulturreferent Hans-Joachim Manske, auch Stadtteile bedient werden, „in denen die Künstler sonst nie waren“.

Die Toten ruhen hinter der fischlebendigen Mauer. Mit dem frühchristlichen Fisch-Symbol habe das lange Mauerbild nichts zu tun, sagt Manske, eher schon mit der „Waller Welle“, die bald wieder ihre Duftwogen in der Nordstraße schlagen wird: die gelben Narzissen, die jedes Frühjahr schlängellinieg hervorwachsen. CoK