Gewerbeflächen: Ruhe vor dem Sturm

■ Bürgerschaftsdebatte ohne Duell Jäger gegen Fücks / Montag Diskussion im Senatsausschuß

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Wolfgang Schrörs, hatte viel geackert in den letzten Tagen. Drei Vorlagen über den zukünftigen Umgang mit Gewerbeflächen in Bremen hielt er gestern in der Bürgerschaft hoch, zwei aus dem Wirtschaftsressort, eine aus dem Umweltressort, alle drei daumendick. Daß es immer noch kein offizielles Gewerbeflächenprogramm des Bremer Senats gebe, resultiere aus einem „Kniefall des Wirtschaftssenators vor dem Umweltsenator“, erklärte er dann.

Belegen ließe sich das so: Von seiner ursprünglichen Forderung nach 770 Hektar Fläche in den nächsten zehn Jahren sei Jäger (FDP) heruntergegangen auf 250 Hektar in den nächsten fünf Jahren. Der Wirtschaftssenator habe sich lange gescheut, seine Vorstellungen überhaupt vorzustellen, weil er die Auseinandersetzung mit dem Umweltsenator Ralf Fücks (Grüne) fürchte. Was Jäger letztlich vorgelegt habe, widerspreche dem Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramm (WAP III) und schreibe lediglich das alte Gewerbeflächenprogramm fort.

Die CDU hatte die Debatte auf die Tagesordnung des Parlaments gebracht. Eigentlich sollte sie schon im Januar laufen, wurde aber verschoben. Für Januar war auch das Gewerbeflächenprogramm des Senats angekündigt. Die Opposition nutzte das, um über den säumigen Senat zu schimpfen. Gestern war aber klar: Der Streit um die Gewerbeflächen beginnt offiziell nächsten Montag im Wirtschaftsstrukturausschuß des Senats. Erst dort werden die Interessen der beiden beteiligten Ressorts Wirtschaft und Umwelt offiziell aufeinanderparsseln. Deshalb wurde die Debatte von den Abgeordneten der Ampelfraktionen auf Sparflammen geführt, für den Senat ging nur Wirtschaftssenator Jäger ans Rednerpult, Ralf Fücks blieb auf der Regierungsbank sitzen.

Marieluise Beck (Grüne) warf Schrörs vor, „auf der Ebene der Kalauer Rezepte der 60er Jahre für die Gewerbeflächenansiedlung“ zu präsentieren. Es sei nötig, sich für die politische Auseinandersetzung in der zentralen Frage der Gewerbeansiedlung Zeit zu nehmen. In der Sache nahm die Grüne die Position des Umweltsenators ein: Absoluter Vorrang für Flächenrecycling vor Neuerschließung von Flächen.

Klaus Ziegler (FDP) widersprach. Die Sanierung von Brachflächen sei so teuer, daß sie „zeitlich gestreckt“ werden müsse. Neue Gewerbeflächen müßten ausgewiesen werden, Bremen läge im Verhältnis Einwohner zu Grünfläche in vorderster Lage. Detmar Leo (SPD) nahm das „dirty word“ Hemelinger Marsch in den Mund und erklärte an die Adresse der Grünen: „Es wird nicht möglich sein, für die Reaktivierung von Brachflächen das ganze Geld auszugeben“.

Auch Wirtschaftssenator Claus Jäger hielt sich noch zurück. Er habe von einem zehn-Jahres-Zeitraum auf einen fünf-Jahres-Zeitraum zurückgerechnet, um „den Zeitraum überschaubarer zu machen“. Bis 1997 seien von der Hemelinger Marsch 20 Hektar als Erschließungsfläche vorgesehen, geplant sei mehr. „Wir wollen aber keine Vorratserschließung.“ Allerdings machte Jäger seine Position noch einmal deutlich: Die Marsch muß erschlossen werden, um im Bremer Osten gegen die niedersächsischen Umlandgemeinden in Konkurrenz zu bringen. „Schlagen Sie einen Radius von 13 Kilometern um das Bremer Kreuz. In diesem Kreis haben Sie auf Bremer Seite ein Flächenangebot von 6,4 Hektar, auf niedersächsischer Seite sind es 125 Hektar. Und schauen Sie sich die Planungen an: Da ist auf Bremer Seite nichts, auf niedersächsischer Seite sind da 200 Hektar“, appellierte er an die ParlamentarierInnen, die Notwendigkeit für die Erschließung der Hemelinger Marsch (ca. 50 Hektar) als Gewerbegebiet endlich einzusehen.

Mit den Stimmen der Ampel wurde ein Ampelantrag angenommen, der den Senat verpflichtet, daß Gewerbeflächenprogramm noch im März vorzulegen. Gegen die Stimmen der Ampel wurde ein Antrag der CDU abgewiesen, den Senat zu verpflichten, noch im März das Gewerbeflächenprogramm vorzulegen. mad