■ Das Portrait: Christine Ostrowski
Als die Dresdner PDS- Chefin auf dem jüngsten Parteitag mit knapp 60 Prozent der Stimmen zur Vizevorsitzenden gewählt wurde, galt das als kräftiger Pluspunkt für den Reformflügel der SED- Nachfolgepartei. Die quirlige Frau, stolz darauf, zu DDR- Zeiten bereits den Spitznamen „Ossi“ geführt zu haben, war schon in der letzten Volkskammer dafür aufgefallen, daß sie keine Berührungsängste zu anderen Fraktionen hat. Zwei Hoffnungsträger neben Zugpferd Gysi, das ließ doch auf frischen Wind hoffen.
Ein Vier-Augen-Gespräch Ostrowskis mit Jungnazi Constantin Mayer, der als stellvertretender Bundesvorsitzender der verbotenen „Nationalen Offensive“ firmiert, fand nun mit ihrem Rücktritt ein Nachspiel.
Christine Ostrowski, bis zur Wende Parteisekretärin im Dresdner Staatsschauspiel, hatte sich frühzeitig für die Auflösung stalinistischer Strukturen in der Partei engagiert. Mit dem im vorigen Jahr von ihr initiierten „Bürgerbegehren Mietstopp“ hatte sie weit über die Grenzen der PDS hinaus Zustimmung gefunden. Und wenn auch das Bürgerbegehren, von den „Komitees für Gerechtigkeit“ übernommen, scheiterte, war es doch die bisher wirkungsvollste Aktion der PDS.
So knüpfte der Berliner Parteivorstand ganz konkrete Erwartungen an die Neue aus Sachsen, als er ihr die außerparlamentarische Arbeit der PDS anvertraute. „Aktionen mit Power“ seien bereits vorbereitet gewesen, resümierte Christine Ostrowski nach dem Rücktritt; und in diesen Worten klingt die durchaus selbstbewußte Frage nach, wer denn nun für Power sorgen werde.
Niemand sonst in der sächsischen PDS ist immer wieder so heftig kritisiert worden wie Christine Ostrowski. Sie nahm es „gelassen und geduldig“ hin. Doch als jetzt in Berlin jemand forderte, sie „mit allen Mitteln aus der PDS zu entfernen“, sei ihr etwas eigenartig zumute gewesen.
Foto Nr. 6
Foto: Andreas Schoelzel
Ronald Weckeßer, Fraktionschef im Dresdner Rathaus und einer der engsten Vertrauten von Christine Ostrowski, bedauert, daß es nur eine Personaldiskussion gegeben habe und keinen sachlichen Streit darüber, wie die PDS mit der organisiert- rechten Herausforderung umgehen wolle. Und das wird für die PDS letztlich schwerer wiegen als der eingestandene politische Fehltritt ihrer ehemaligen Vizechefin. Detlef Krell
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