■ Engholms Vertrauter Nilius hat gelogen
: Der Skrupellose aus dem Norden?

Ist Björn Engholm doch mit allen Wassern gewaschen? Die CDU im Norden jedenfalls, seit dem Ende ihres legendären Kieler Statthalters Uwe Barschel ziemlich deklassiert, träumt derzeit vom Imagewechsel des amtierenden Ministerpräsidenten. Wie, wenn der gemeinhin als unentschlossen-sensibel Qualifizierte, der erst mit der Opfer-Masche die Kieler Staatskanzlei eroberte, von Anfang an weitsichtig und entschlossen die Fäden des „Barschel-Skandals“ gezogen hätte: Rainer Pfeiffer nur vermeintlich Barschels Mann fürs Grobe, in Wahrheit aber derjenige, der, instruiert von Engholms Vertrauensmann Klaus Nilius, den Barschel-Herausforderer in die politisch einzig aussichtsreiche Position – die des unschuldig Verfolgten intrigierte? Ja, dieser Engholm wäre, wovon ihrerseits die bundesdeutsche Sozialdemokratie träumt: Der Skrupellose aus dem Norden, ein Vollblutpolitiker – allerdings mit dann stark eingeschränkter politischer Perspektive.

Nein, auf die diametrale Image-Kehre des Björn Engholm laufen die aktuellen Enthüllungen nicht hinaus. Aber auch abstrusere Spekulationen über die Verstrickung der Genossen gewinnen in dem Maße an Plausibilität, in dem sich die Verteidigungslinie der Kieler SPD immer offener als Zumutung erweist. Zuerst muß das anerkannt-gute Herz des Kieler Sozialministers den naheliegenden Verdacht zerstreuen, Rainer Pfeiffer sei von der SPD mit einer passablen Summe für dubiose Dienste honoriert worden. Doch mit dem späten Eingeständnis des Geldboten Nilius, er habe seinerzeit den Kieler Untersuchungsausschuß über seine frühzeitigen Kontakte zu Barschels Medienreferent belogen, ist die Honorar-Variante voll reaktualisiert. Weder mit der „restlosen Überraschung“ des Kieler Regierungssprechers noch der „Bestürzung“ des SPD-Fraktionschef vor Ort läßt sich der Skandal weiter vernebeln.

Immer drohender hängt die Damokles-Frage – was wußte Engholm? – über der SPD. Auch er wird mit neuerlichem Entsetzen darüber, was er alles nicht wußte, kaum glaubwürdiger. Naheliegend jedenfalls ist, daß Engholm von den Pfeifferschen Machenschaften nicht erst am Wahltag aus dem Spiegel, sondern bereits Wochen zuvor von seinem engem Mitarbeiter Nilius informiert wurde. Das aber hieße: Engholm spielte für die Öffentlichkeit den Konsternierten – das Opfer als cooler Profiteur der gegen ihn inszenierten Machenschaften. Doch auch die andere Variante ist für Engholm wenig schmeichelhaft. Wenn seine Vertrauten den Sensiblen vor den brisanten Informationen abschirmen mußten, weil sie an seinem Durchhaltevermögen zweifelten, wird daraus auch kein Qualifikationsnachweis fürs politische Spitzenamt. Das wiederum paßt zum bisherigen Profil des Kohl-Herausforderers – Ehrenwort. Matthias Geis