Liebe im Knast - der Sündenfall

■ Ministerium suspendiert Vollzugs-AnwärterInnen: Allzu innige Häftlings-Kontakte

: Allzu innige Häftlings-Kontakte

„Kann den Liebe Sünde sein...“ trällerte schon vor fünf Jahrzehnten Zarah Leander. Doch die Film-Diva irrt. Zumindest für vier Vollzugsdienst-Anwärterinnen des Kieler Gefängnisses werden ihre Liebesbeziehungen zu Häftlingen heftige disziplinarrechtliche und strafrechtliche Folgen haben. Zwei Frauen haben bereits ihren Job fristlos quittiert, die beiden anderen sind vom Dienst suspendiert.

Die Strafverfolgungsbehörde waren auf die Beamtinnen nur zufällig aufmerksam geworden. Weil ein türkischer Zuhälter unter Verdacht geraten ist, mit drei Mithäftlingen einen Mordkomplott auf den gegen ihn ermittelnden Staatsanwalt geschmiedet zu haben, hatten die Fahnder umfangreiche Recherchen eingeleitet. Im Rahmen dieser Ermittlungen wurde auch das Anstaltspersonal penibel überprüft. Es kam heraus, daß die Vollszugsbeamtinnen mit dem inhaftierten Zuhälter keineswegs nur dienstlichen Kontakt hatten. Die Kieler Anklagebehörde schlußfolgernd: „Die Frauen werden verdächtigt, mit dem Türken zusammengearbeitet zu haben“, so der Sprecher Horst- Alex Schmidt. Jetzt werde gegen sie wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und versuchter Strafvereitelung ermittelt.

Daß es zwischen den Vollzugsbeamtinnen und Häftlingen „Sex im Gefängnis“ (Deutsche Presseagentur) gegeben hat, bestätigte am gestrigen Abend auch das schleswig- holsteinische Justizministerium. Dessen Sprecherin Beate Hinkelmann: „Dieser Einzelfall ist sehr ernst zu nehmen, sollte aber die Beamtinnen und Angestellte des Vollzugs nicht in Mißkredit bringen.“

Trotz der „Love Affair“ im Kieler Knast möchte das Justizministerium das Rad der Geschichte nicht um Jahrzehnte zurückdrehen und nicht 1993 die Emanzipation im Beruf in Frage stellen. Hinkelmann: „Die Erfahrungen mit dem Einsatz von Beamtinnen im allgemeinen Männervollzug sind generell gut. Die Frauen tragen entscheidend dazu bei, Aggressivität bei den Gefangenen zu verringern.“

Überdies sei mittlerweile empirisch festgestellt worden, daß Vollzugsbeamtinnen generell von den Knackis leichter als Vertrauenspersonen angenommen werden. Hinkelmann: „Bei familiären und persönlichen Problemen wenden sich die Gefangenen eher an weibliche Bedienstete.“ Aber wenn dann die Einfühlsamkeit in sexuelle Lust umschlägt? — Das geht dann auch dem Kieler Ministerium zu weit.

Der unter Mordverdacht geratene Türke ist mittlerweile nach Lübeck zwangsverlegt worden. Der bedrohte Staatsanwalt wurde von der Staatsanwaltschaft unter Polizeischutz gestellt, bis alle Hintermänner ermittelt werden konnten. Kai von Appen