Sechs Quadratmeter, feucht und ohne Fenster

■ Bericht über Zustände in St.Petersburger Kindergefängnissen / Ein Verein und die Hamburger Schulbehörde wollen helfen

/ Ein Verein und die Hamburger Schulbehörde wollen helfen

In Hamburgs Partnerstadt St. Petersburg werden Kinder und Jugendliche in Kindergefängnissen mißhandelt, vergewaltigt und unter menschenunwürdigen Zuständen

1untergebracht. Die 7- bis 20jährigen hausen in 10 Quadratmeter großen Zellen, in denen bis zu 23 Insassen vegetieren müssen. Bewacht werden sie von erwachsenen

1Strafgefangenen, die dadurch Hafterleichterungen bekommen. Diese Angaben machte gestern Alexander Rodin, Abgeordneter im St.Petersburger Stadtsowjet, auf einer Pressekonferenz der Hamburger Schulbehörde.

Angeklagt sind die früher oft obdachlosen Kinder manchmal nur wegen Bagatellvergehen wie Mundraub oder Kleindiebstahl. Hamburg will nun, in Zusammenarbeit mit dem Verein „Psalm 23“ aus Aachen, eine sogenannte Fluchtburg für Kinder und Jugendliche in St.Petersburg mit aufbauen. Dort sollen die Minderjährigen pädagogisch und medizinisch betreut werden. Wolfgang Hammer von der Hamburger Jugendbehörde gestern: „Wir wollen auch Hospitationsplätze für zukünftige Mitarbeiter der Fluchtburgen schaffen und selber geschultes Personal nach St.Petersburg schicken.“

Alexander Rodin war in Hamburg auf der Durchreise und wird heute in Straßburg vor dem Europarat über die Kindergefängnisse berichten. Rodin hat die Kinderstrafanstalten besichtigt und schilderte gestern die Zustände im Gefängnis „Lebveda“: „Die Kinder schlafen in dreigeschossigen Betten, häufig muß sogar unter den Betten geschlafen werden. Die Ernährung ist mangelhaft, nicht selten werden tote Ratten, oder Würmer und Insekten im Essen gefunden.“ So seien auch viele der Kinder an Hepatitis und TBC erkrankt, auch Läuse seien keine Seltenheit sagte Rodin. Wer den Wärtern nicht gehorche, der werde mit Karzer bestraft. „Der Karzer ist ein sechs Quadratmeter kleiner, feuchter Raum, ohne Fenster,“ sagte Alexander Rodin. „Nach dem Aufstehen wird das Bett hochgeklappt, und die Kinder müssen den ganzen Tag auf einem Betonklotz in der Zelle sitzen.“

Stefan Schepers vom Verein Psalm 23 hat mit dem Chef des KGB in St.Petersburg, der zuständigen Behörde, gesprochen: „Herr Vrolov war der Meinung, die Verhälnisse seien nicht so schlimm, außerdem sei unsere Hilfe nicht willkommen.“ Doch der Verein hat längst mit der Hilfe begonnen und als erstes eine Anwaltskanzlei engagiert, die in Zukunft die Pflichtverteidigung von 50 Kindern übernehmen wird. Nun braucht Psalm 23, der sich aufgrund der Zustände in den Kindergefängnissen gegründet hat, dringend Spendengelder, um Fluchtburgen zu errichten: damit die Kinder nach ihrer Befreiung wissen, wohin sie gehen können. Andrew Ruch

Spendenkonto: Stadtsparkasse Münster, Konto-Nr.: 3525, BLZ: 40050150.