Scharfe Töne aus Peking gegen Hongkong

■ Peking will Parallelstrukturen für die Regierung des Territoriums aufbauen

Peking (AFP/taz) – Im Streit um die Zukunft der britischen Kronkolonie Hongkong geht China weiter auf Konfrontationskurs. Ein Regierungsvertreter in Peking nannte Hongkongs Gouverneur Chris Patten am Mittwoch einen „Kriminellen“, weil er seine Demokratisierungpläne ungeachtet des Protests von chinesischer Seite weiter verfolge. Chris Patten, der im vergangenen Juli den Posten des Gourverneurs von Hongkong übernahm, hatte sich bald darauf den Zorn der Pekinger Regierung zugezogen: er machte deutlich, daß er sich dafür einsetzen werde, bis zur Rückgabe Hongkongs an China im Jahre 1997 einen gewissen Demokratisierungsprozeß zu ermöglichen.

Dazu gehörte unter anderem die Stärkung der Position des bislang aus nominierten Mitgliedern bestehenden Exekutivrates und ein höherer Anteil direkt gewählter Vertreter des Quasi-Parlaments der Noch-Kolonie, des Legislativrates. Letzterer besteht mehrheitlich aus Vertretern berufsständischer und anderer gesellschaftlicher Gruppen und zum geringeren Teil aus direkt gewählten Mitgliedern.

Wenn die von Patten vorgeschlagene Demokratisierung des Wahlrechts vom Legislativrat je akzeptiert wird, würde dies bereits für die Wahlen im Jahre 1995 gelten. China ist der Auffassung, daß dieser Gesetzentwurf gegen den chinesisch-britischen Vertrag über die Zukunft Hongkongs aus dem Jahre 1984 verstößt, der allerdings so vage formuliert ist, daß sich beide Seiten darauf beziehen können. Er versprach den HongkongerInnen 50 Jahre lang einen „hohen Grad“ an Autonomie.

Seitdem die chinesische Parteispitze die Demokratisierung und damit den Konflikt mit Patten zur „Prinzipienfrage“ erklärt hat, haben sich die Chancen auf eine Kompromißlösung stark verringert.

In den letzten Wochen hatte der Hongkonger Gouverneur seine Demokratisierungsvorschläge viermal verändert, um die chinesische Führung nicht zu verstimmen, ohne jedoch ein positives Echo zu finden. „Wir können sie nicht ewig ändern“, hatte er schließlich am Freitag gesagt. Nach seiner Ankündigung der Reformen waren die Aktienkurse in der Kolonie zunächst rapide gefallen.

Jetzt erklärte der Vorsitzende des Staatsrates für Hongkong und Macau, Lu Ping, vor Journalisten in Peking, die chinesische Führung werde sofort mit den Vorbereitungen für eine künftige Regierung in Hongkong beginnen. Wenn Patten an seinem Vorhaben festhalte, die Reformvorschläge zu veröffentlichen, habe die chinesische Regierung „keine andere Wahl“ als „entsprechende Gegenmaßnahmen“ einzuleiten, betonte Lu. Mit der Ankündigung seiner Pläne vor dem Legislativrat der Kronkolonie am Freitag habe Patten die Gespräche über Hongkong sabotiert und die „Türen zugeschlagen“, warf Lu dem Gouverneur vor. Nach der Rückgabe der Kronkolonie 1997 an China werde Peking eigene Wahlen in Hongkong organisieren. So sollten Regierung und Parlament der „Sonderverwaltungsregion“ gebildet werden, argumentierte Lu. China werde sich gleichzeitig um die Entwicklung der Demokratie in Hongkong „bemühen“. li