Steg versus Roma?

■ betr.: Karoviertel: Roma in Bedrängnis, taz vom 23.2.93

Betr.: Karoviertel: Roma in Bedrängnis, vom 23. 2.93

Welche Nachbarn sind Freunde? Seine Freunde kann man sich aussuchen, seine Nachbarn nicht. Ohne Genaueres über die Hintergründe zu wissen, bin ich erstaunt, daß die Steg sich von Anwohnern dahingehend beeinflussen läßt, eine Kündigung auszusprechen.

Mir schwebt nun ein zukunftsträchtiges Unternehmen vor, um allen Beteiligten ein wenig aus der Misere zu helfen! Ich wohne in einem Wohnhaus, in dessen Kellerräumen die Steg ein Stadtteilbüro seit einigen Monaten unterhält. Größe ca. 200 qm, Miete bestimmt nicht unter 2000 DM/Monat (von unser aller Steuergeldern!). Dieses Büro steht eigentlich leer! An drei Nachmittagen in der Woche ist es für den Publikumsverkehr geöffnet, dann halten sich jeweils ein bis zwei Mitarbeiter in den Räumen zur Verfügung. Ich bin einmal hineingegangen. Der anwesende Steg- Mitarbeiter hatte überhaupt gar kein Interesse an einem Gespräch. Er war aber sehr damit beschäftigt, irgendwelche Akten zu lesen! Und so ist es für mich auch weiter nicht verwunderlich, daß eigentlich nie jemand in diesem Büro ist.

Ich schlage vor, die Anwohner, die dieses absurde Theater von Wohnraum- und Steuergelderverschleiß tagtäglich vor Augen haben, einmal danach zu befragen, ob sie der Meinung sind, daß die Räume durch die Steg sinnvoll genutzt werden. Es wird leicht sein, entsprechende Meinungen zu sammeln; denn hier handelt es sich offensichtlich um eine spezielle Form von Leerstand.

Die Mitarbeiter der Steg, denen nunmehr dieser vorher unbekannte Tatbestand zur Kenntnis gekommen ist, werden nun eiligst ihre Räume dem obdachlosen Roma Club Negotin anbieten. Denn steht es nicht geschrieben in ihrem Fenster: Die Räume können nach vorheriger Absprache von Anwohnern und Initiativen mitgenutzt werden!

In unserem Wohnhaus wohnen seit mehreren Jahren Romafamilien. Es gibt keine Beschwerden über sie seitens der Mitbewohner bei der Hausverwaltung. Eine Kündigung aufgrund von Klagen der Nachbarn finde ich zumindest fragwürdig. Was hat die Steg getan, um den Beschwerden nachzugehen bzw. sie zu zerstreuen? Oder ist sie ein Pferd, daß denkt, es kann ein paar lästige Fliegen mal eben mit dem Schweif wegwedeln? Warum können keine anderen geeigneten Räume gefunden werden, wenn es doch allein für die Steg in meiner unmittelbaren Nachbarschaft 3 Büros gibt? Wobei die Notwendigkeit, die schwierige Situation im Karolinenviertel aufzuarbeiten unbestritten ist, wozu gerade auch der Roma Club Negotin nicht unwesentlich beiträgt. Diese Arbeit wird durch den Räumungstitel in Frage gestellt! Wenn das nicht die Absicht der Steg ist, dann wird sie sicherlich nicht zögern, das Gegenteil zu beweisen und Räume zu finden!

Mit freundlichen Grüßen!

Angelika Reuter