„Arbeitsmarktpolitik“ wird aufgelöst

■ DGB macht Lobbyarbeit gegen freie Träger / Abteilung „Arbeitsmarktpolitik“ im Uhl-Ressort aufgelöst

Wenn sich heute um neun Uhr im DGB-Haus der Runde Tisch zur Arbeitsmarktpolitik trifft, wird es hitzige Debatten geben. Die kleinen Träger sind voller Wut, weil sie sich über Wochen von der Spitze des Arbeitsressorts und der Möller-Fraktion beim DGB an der Nase herumgeführt fühlen.

Schon seit Jahren gibt es immer wieder Vorstöße der drei großen Weiterbildungsträger Arbeiterbildungszentrum (Arbeiterkammer), Berufsbildungswerk des DGB und der Wirtschafts- und Sozialakademie der Angestelltenkammer, den Fuß in die Tür der Abteilung Arbeitsmarktpolitik zu bekommen. Dort werden Drittmittel akquiriert, dort landen die spärlicher gewordenen ABM-Stellen an, dort wird über die Verteilung der Stammkräfte-, Langzeitarbeitslosen- und Anleiterprogramme entschieden — mit anderen Worten: Dort gibt's viel Geld zu verteilen. Und weil die Großträger Großträger bleiben wollen, trotz sinkender Zuschüsse, wollen sie diese Geldquelle künftig in „ihre“ Abteilung umleiten. Der Weg dahin: Im Eilverfahren soll die Abteilung im Haus von Sabine Uhl, die diese Träger mit Aufträgen versorgt hat, nun aufgelöst und in die Abteilung Weiterbildung integriert werden. Zwischen der Abteilung Weiterbildung aber und gewerkschaftlichen Weiterbildungseinrichtungen bestehen engste Beziehungen.

Vor drei Wochen legte Arbeitsstaatsrat Arnold Knigge ein Planungspapier zur Verteilung der Mittel vor: Da war noch die Rede von beispielsweise strukturpolitischen Maßnahmen, die nicht unter den Bereich Weiterbildung fallen. Parallel dazu kam allerdings das Kampfpapier der „Abteilung Weiterbildung“ des Arbeitsressorts: Welche Kriterien Träger erfüllen müssen, um überhaupt noch Fördermittel zu erhalten. Fazit nach sechs Seiten: Alle kleinen Träger von Beschäftigungsinitiativen für den „Bodensatz“ des Arbeitsmarktes können einpacken, übrig bleiben, was Wunder, die drei großen Gewerkschaftsträger mit ihrem eher gut situierten Klientel.

Als die kleinen Träger davon Wind bekamen, drängten sie auf die Organisation eines tragfähigen Kompromisses. Der Kreisvorstand des DGB beschloß vor drei Wochen die Einberufung des „Runden Tisches“ — gegen den erbitterten Widerstand von Heinz Möller. Der donnerte in der Sitzung seinen VorstandskollegInnen sein arbeitsmarkpolitisches Credo um die Ohren: „Es geht jetzt vor allem um die gewerkschaftsnahen Träger.“

Am Verhandlungstisch gab es Vermittlungsversuche, die letztlich in ein „Positionspapier des DGB“ mündeten, das wörtlich ganze Passagen aus dem Knigge- Plan übernommen hatte. Also: Keine Präferenz für die Abteilung Weiterbildung. Bei der heutigen Sitzung sollte das Papier eigentlich verabschiedet werden. Nur wird es dazu wohl kaum kommen, weil hinter dem Rücken Fakten geschaffen wurden, die den Verhandlungen Hohn sprechen: Derselbe konsens- orientierte Staatsrat Knigge lud nämlich gemeinsam mit Senatorin Sabine Uhl am Mittwoch die Abteilungsleiter seines Hauses. Und da offenbarte er den teilweise staunenden Beamten die bevorstehende Überführung der Abteilung Arbeitsmarktpolitk. Und das nicht nur als Idee: Schon wurde über die technische Umsetzung diskutiert.

Einschätzung einer Beteiligten am Runden Tisch: „Möller sieht sich als der Chef vom Arbeitsressort, und es sieht so aus, als sei er's auch.“ Jochen Grabler