Mittler zwischen Kulturen

Ein vielseitiger und engagierter Künstler aus Berlin: Porträt des Musikers Mark Kofi Asamoah aus Ghana  ■ Von Nii Addy

„Wir könnten hier alle friedlich zusammenleben, wenn sich nur die Einstellungen der Menschen ändern würden. Doch die Politiker tun dafür einfach gar nichts.“ Mark Kofi Asamoah, der engagierte Künstler aus Berlin, hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg.

Seit 13 Jahren lebt Asamoah in Deutschland. Wegen seines politischen und sozialen Engagements ist er inzwischen weit über die ghanaische Gemeinschaft hinaus bekannt. Übrigens auch bei vielen Schülern: Denn Asamoah arbeitet neben seiner Tätigkeit als Musiker seit 1989 regelmäßig für das Entwicklungspolitische Informationszentrum (EPIZ). Im Rahmen der schulischen „Projekttage III. Welt“ stellt sich der Ghanaer geduldig deutschen Schülern. Häufig sind es äußerst naive und stereotype Fragen zum Leben in Afrika oder „den Ursachen für die dunklere Hautfarbe“, die Asamoah immer wieder gelassen beantwortet. EPIZ ist für den kinderlieben Musiker „ein sehr wichtiges Programm, denn es klärt die Kinder über die unterschiedlichen Lebensweisen auf“.

Mit seinen authentischen Berichten und seinem einfühlsamen Musikunterricht kommt er in den meisten Fällen gut an. Bislang blieb nur in einer Storkower Schule ein Großteil der sich rechtsextrem gebenden Schüler seinem Unterrichtsangebot fern.

1952 in der Eastern Region des westafrikanischen Staates Ghana geboren, wuchs Asamoah in einem kleinen Dorf auf. Ohne Elektrizität und mit einem kilometerlangen Fußmarsch zur nächstgelegenen Schule war das tägliche Leben eigentlich alles andere als einfach. Dennoch erinnert er sich heute gerne an seine Jugendzeit: Die gemeinschaftliche Lebensfreude im Dorf sowie die ausgeprägte Musikalität seiner religiösen Familie haben ihn nachhaltig beeinflußt.

Trotz seines musikalischen Talents konzentrierte sich der begabte Schüler zunächst auf seine Berufsausbildung. 1968 beginnt er eine Ausbildung an der Handelsschule in der Hauptstadt Accra. Dort lernt er Rechnungswesen und Stenographie. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation im Lande bleibt seine Arbeitssuche nach dem erfolgreichen Ausbildungsende jedoch vergeblich. Unter dem Zwang, sich mit selbständiger Handelstätigkeit ökonomisch über Wasser zu halten, leidet auch der Wunsch, ein Studium zu absolvieren.

1976 verläßt Asamoah Ghana: Auf der Suche nach einer seiner Ausbildung entsprechenden Tätigkeit zieht er nach Liberia. Dort arbeitet er vier Jahre als Buchhalter. Nebenbei musiziert er mit den „Supreme Action Singers“. Doch 1980 beenden die Wirren nach dem Staatsstreich in Liberia abrupt seinen Aufenthalt, und Asamoah kehrt nach Ghana zurück. In einer politisch brisanten Zeit beginnt die Arbeitssuche von neuem. Sie endet in Deutschland.

Hier waren es die immensen bürokratischen Fallstricke, die ihn an der Ausübung seines gelernten Berufes hinderten. „Es war sehr schlimm. Denn hier kann ein Mensch aus Afrika oder der sogenannten Dritten Welt nicht einfach in seinem Beruf arbeiten. Mein Abschluß wurde nicht anerkannt, und so mußte ich zurück zur Musik.“ Die Widersprüche zwischen seinem ursprünglich idealistischen Bild von Europa und der düsteren Realität vor Ort, inspirierten Asamoah schließlich, seine Erfahrungen in der Musik zu verarbeiten.

Als Bandleader in Berlin vereint er nun fünf unterschiedliche Musikkulturen in seiner erfolgreichen Gruppe „Africa Mma“. Neben dem ghanaischen Trommler bilden senegalesische, äthiopische, nigerianische und brasilianische Musiker den Kern der Band.

Schon bei seiner früheren Band „Izwelethu“, der Künstler aus den USA, Südafrika und Guinea angehörten, war das politische Engagement für den afrikanischen Kontinent der (Noten-)Schlüssel zum Erfolg. Doch auch mit deutschen Musikern „aus der Kreuzberger Szene“ hat Asamoah in den Jahren 1983–87 erfolgreich unter dem Namen „Bibia“ zusammengespielt. Seit damals komponierte er – zusammen mit seiner Frau Iris Asamoah – engagierte Texte über Afrika und Europa.

Seine musikalischen Kommentare richten sich beispielsweise gegen die Bombardierung von unschuldigen Zivilopfern im Irak während des Golfkrieges, gegen die unmenschliche Behandlung von Flüchtlingen in deutschen Wohnheimen oder die unhaltbare Situation der Kurden und Palästinenser. In seinem jüngsten Song „World without Borders“ wendet er sich zeitgemäß gegen die Abschottungspolitik der EG.

„Damit die Botschaft meiner Lieder verstanden wird, schreibe ich meine politischen Texte fast alle in Englisch.“ Doch noch lieber singt er in einer der verschiedenen ghanaischen Sprachen. Und damit er nicht aus der Übung gerät, unterrichtet Asamoah mehrmals wöchentlich seine Muttersprache Twi beim Deutschen Entwicklungsdienst (DED) und dem Europa- Afrika-Zentrum.

Asamoah ist inzwischen längst ein prominenter Vertreter der afrikanischen Berliner geworden. „Ich versuche einfach meinen Teil beizutragen und fehle seit Jahren auf keiner Demonstration gegen Rassismus.“ In der Tat hat der mutige Einsatz von Asamoah bislang auch nicht vor rufgeschädigten Orten wie Eberswalde, Quedlinburg oder Dresden haltgemacht. Im Gegenteil: Gerade die vielen ostdeutschen Kleinstädte im Umland von Berlin waren in den vergangenen zwei Jahren Zielpunkt der Auftritte von „Africa Mma“. Hierin unterscheidet sich die schwarze Musikgruppe von dem Großteil der ausländischen Musikgruppen in Berlin, die häufig aus berechtigter Sorge vor Übergriffen Konzertauftritte in Berlins Umgebung meiden. Auch Asamoha gesteht ein: „Es ist riskant, aber wir müssen den Deutschen zeigen, wer wir sind und was wir in uns tragen. Nur wenn wir selbst unsere eigene Kultur präsentieren, können wir die Distanz zwischen den Menschen brechen. Die Politiker selbst können wir nicht verändern.“

Angesichts der rechtsextremen Gewalt ist es insbesondere die heuchlerische Untätigkeit der Regierenden, die Asamoah stark beunruhigt. Die Zukunft in Deutschland betrachtet der Berufsoptimist daher sehr skeptisch. Trotz seines unermüdlichen Engagements steht sein Entschluß, irgendwann nach Ghana zurückzukehren, fest: „In der gegenwärtigen Situation können und wollen die meisten Ghanaer hier nicht länger leben. Selbst die, die sich haben einbürgern lassen, sind ja täglich bedroht. Solange die Gesellschaft noch nicht einmal alle hier geborenen Kinder als vollwertige Deutsche akzeptiert, wird sich gar nichts ändern.“