Wohlige Wärme läßt auf sich warten

■ Neue Wärmeschutzverordnung scheitert bisher am bayerischen Widerstand/ Im EG-Vergleich wäre Deutschland auch nach der Novellierung nur im Mittelfeld

Berlin (taz) – Der Gedanke an wohlig warme Wohnzimmer scheint die ParlamentarierInnen phlegmatisch zu machen. Die Besprechung der neuen Wärmeschutzverordnung, die ursprünglich in den nächsten Tagen ins Kabinett gehen sollte, wird nach Auskunft der Pressesprecherin des Bauministeriums, Petra Winkler- Maitre, jedenfalls mindestens noch bis Ende des Monats auf sich warten lassen.

Grund für den langsamen Fortgang der Dinge ist aber auch der Einspruch der bayerischen Landesregierung – wahrscheinlich fürchtet sie um die Konkurrenzfähigkeit der süddeutschen Ziegelindustrie. Die bezieht nämlich vermutlich in großem Umfang Ziegel aus den ehemaligen RGW-Staaten. Und mit denen ist das Einhalten der neuen Wärmeschutzverordnung wohl kaum möglich.

Trotzdem verheißt die neue Verordnung keineswegs den ökologischen Durchbruch im Häuserbau schlechthin. Andere europäische Länder sind Deutschland schon seit Jahren voraus. Für deutsche Neubauten soll laut Kabinettsbeschluß vom 7. November 1990 ein Stand von Niedrigenergiehäusern zugrunde gelegt werden, was einen Heizwert von 50 bis 100 Kilowattstunden je Quadratmeter bedeutet.

In Schweden dagegen ist ein Wert von 30 vorgegeben; diskutiert wird momentan jedoch auch dort wieder eine Lockerung der Vorgaben auf einen Mittelwert von 60 Kilowattstunden je Quadratmeter. Vergleichbar hohe Ansprüche stellen Dänemark, die Schweiz und Großbritannien an neu errichtete Gebäude. Mit der Novellierung der Verordnung würde die Bundesregierung etwa eine Angleichung an Frankreichs Vorschriften erreichen.

Für die Verordnung „zur Prüfung vorgesehen“ sind außerdem die Einführung verbrauchsorientierter Kennzahlen und Möglichkeiten für eine nachträgliche Wärmedämmung. Geplant ist, die sogenannte Transmissionswärme, also die Abwärme durch Wände und Böden, mittels baulichen Wärmeschutzes zu verbessern, den Energiebedarf für die Be- und Entlüftung zu minimieren und Solarenergie zu nutzen. Allerdings beschränkt sich auch die neue Wärmeschutzverordnung nur auf Neubauten, die ab 1995 errichtet werden. Das heißt, daß Neubauten bis 1994 keinesfalls umweltfreundlichen Anforderungen genügen müssen.

Ansonsten enthält die neue Wärmeschutzverordnung auch die meisten Vorschriften ihrer Vorgängerin: Unter anderem berücksichtigt sie passiv nutzbare Solarenergie und die innere Wärmeenergiegewinnung, Fenster werden himmelsrichtungsorientiert in die Berechnungen einbezogen, und Gebäude für Sport- und Versammlungszwecke sollen möglichst mit besser beheizten Gebäuden zusammengefaßt werden. Immerhin ist die neue Wärmeschutzverordnung verständlicher formuliert als die frühere Vorschrift.

KritikerInnen der Verordnung– wie die bayerische Architektenkammer, die sich auf Untersuchungen der Ziegelindustrie, von Wohnungsunternehmen und Hochschulen beruft – unterstellen eine zweistellige Kostensteigerung. Allerdings fehlt es bis jetzt an Unterlagen, die eine Überprüfung der Behauptung zulassen. Dagegen sind bisher 80 Baumaßnahmen in der Bundesrepublik durchgeführt und auf Mehrkosten überprüft worden. Das Ergebnis: Eine Verteuerung beim Bau beschränkt sich auf maximal vier Prozent. Marita Vollborn