Pfeiffer belastet Ahrendsen

Prozeß um die Barschel-Affäre: Der Angeklagte und ehemalige Regierungssprecher soll von Steueranzeige gegen Engholm gewußt haben  ■ Aus Kiel Marco Carini

Reiner Pfeiffer wirkt sichtlich abgekämpft, als er den Sitzungssaal des Kieler Landgerichts betritt. Begleitet von einem Blitzlichtgewitter, wie es sonst nur Bonner Politiker erfahren, betritt der Zeuge der Anklage den Raum.

Bereits vergangene Woche war Pfeiffer vor der siebten Strafkammer des Kieler Gerichts erwartet worden, hatte aber den Termin wegen „depressiver Neurosen mit Suizidgefahr“ kurzfristig abgesagt. „Kein Vorwand“, bekräftigt der ehemalige Medienreferent der Barschel-Regierung, „ich war wirklich völlig down.“ Ein vom Gericht beauftragter Bremer Amtsarzt bestätigte ihm jedoch zwei Tage später volle Vernehmungsfähigkeit.

In dem auf 15 Verhandlungstage angesetzten Prozeß soll geklärt werden, wie tief der frühere Barschel-Regierungssprecher Herwig Ahrendsen in die Machenschaften gegen den damaligen Kieler Oppositionsführer Björn Engholm verstrickt war. Die Staatsanwaltschaft wirft Ahrendsen vor, mehrfach unter Eid falsche Aussagen über seine Beteiligung an der anonymen Steueranzeige gegen Engholm gemacht zu haben. Ahrendsen will nichts davon gewußt haben, daß Barschel unter Mithilfe Pfeiffers versucht hatte, Engholm ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung anzuhängen. Peiffer hingegen behauptet, der Steuerexperte Ahrendsen sei aktiv an den Planungen beteiligt gewesen, habe selbst versucht, eine Person „zu organisieren“, die die Anzeige gegen den Oppositionsführer auf den Weg brachte.

Im Schwurgerichtssaal würdigen sich Pfeiffer und sein ehemaliger Vorgesetzter Ahrendsen keines Blickes. „Der würde am liebsten auf mich losgehen“, meint Pfeiffer. Dem Vorsitzenden Richter Helmut Flimm gibt Pfeiffer zu Protokoll, daß Ahrendsen von vornherein an der Steuerkampagne beteiligt gewesen sei. Ahrendsen selbst habe vorgeschlagen, keine anonyme, sondern eine namentliche Anzeige gegen Engholm zu erstatten. Sein Argument laut Pfeiffer: Die Erfolgschancen seien so größer. Der Regierungssprecher habe telefonisch versucht, einen pensionierten Finanzbeamten und einen lokalen CDU- Funktionär zu bewegen, die von Barschel vorbereitete Anzeige namentlich zu zeichnen.

Vor der Siebten Strafkammer scheinen Pfeiffer, dem „Mann fürs Grobe“, die Feinheiten der Affäre entfallen zu sein: an viele Daten und Details der sechs Jahre zurückliegenden Aktivitäten in der Kieler Staatskanzlei kann sich der 54jährige Journalist nicht erinnern: „Um mit dieser Last leben zu können, habe ich die ganze Affäre soweit wie möglich verdrängt“, sagt Pfeiffer. Für die Ahrendsen-Anwälte ein gefundenes Fressen. Mit ihrer heutigen Vernehmung Pfeiffers wollen sie den Hauptbelastungszeugen in Widersprüche mit seinen Aussagen vor dem Barschel-Untersuchungsausschuß verwickeln, um so seine Glaubwürdigkeit zu erschüttern.

Dabei kommen ihnen die jüngsten Enthüllungen um die frühe Zusammenarbeit Pfeiffers mit SPD-Sprecher Klaus Nilius und die Zahlungen von Sozialminister Günter Jansen an den ehemaligen Medienreferenten mehr als gelegen.

Gegenüber der taz betonte Reiner Pfeiffer am Rand der Verhandlung, er habe vor Juni 1987 mit Nilius keinen persönlichen Kontakt gehabt. Materialien aus der Staatskanzlei, wie ein Redemanuskript Barschels, habe er Nilius zugespielt, weil er wollte, „daß ein Ministerpräsident, der sich solch krimineller Methoden bedient“, nicht weiter im Amt bleibe. An eine Veröffentlichung der Vorkommnisse im Barschel-Dunstkreis habe er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gedacht. Die Zahlung, die er später von Nilius erhielt, habe er nur „ohne Bedenken“ angenommen, nachdem der SPD-Sprecher ihm mehrfach versichert habe, daß das Geld „von einem Gönner“ stamme, „der kein sozialdemokratischer Funktionsträger“ sei. Das Geld sei im Gegensatz zu den Aussagen seiner ehemaligen Lebensgefährtin Elfriede Jabs nicht durch eine Banderole, sondern durch ein „braunes Klebeband“ provisorisch verschnürt gewesen. Zwar wolle er sich an „den Spekulationen nicht beteiligen“, ob Jansen das Geld wie behauptet über Monate in einer Schublade gesammelt habe, dies wäre aber nach seinem Eindruck von den Geldbündeln „durchaus möglich“, räumte Pfeifer ein.