Siemens will in Hanau doppelt kassieren

■ Hessen wirft Firma Prozeßbetrug vor

Wiesbaden (dpa/taz) – Die Siemens AG will vom Land Hessen 30 Millionen Mark Schadensersatz, weil der Wiesbadener Umweltminister Joschka Fischer die Hanauer Plutoniumanlage des Unternehmens für 21 Monate stillgelegt hat. Gleich am ersten Verhandlungstag vor dem Wiesbadener Landgericht kam aber heraus, daß der Weltkonzern trotz der Schließung der Anlage ohne Gegenleistung 90 Millionen Mark von seinen Kunden, den Stromkonzernen, erhalten hatte. Die Anwälte des Landes sprachen deshalb von „Prozeßbetrug“.

In seiner Klageschrift hatte Siemens nicht erwähnt, daß die Firma 1992 die Millionen erhielt, obwohl es gar keine Lieferungen von plutoniumhaltigen Mischoxidbrennstäben gab. Mit der Schadensersatzklage würden Schäden geltend gemacht, die gar nicht entstanden seien, so das Land.

Die Firma Siemens wies darauf hin, daß bei der Erhebung der Klage noch keine Zahlungen geleistet worden seien. Grundlage für die 90 Millionen Mark sei eine Klausel in den Verträgen des Atomkonzerns mit den Stromversorgern, nach der bei Schwierigkeiten diese Kunden auch ohne Lieferung zahlen müßten.

Die Plutonium-Anlage in Hanau war nach einem Störfall im Juni 1991 von Hessens Umweltminister Joschka Fischer (Grüne) stillgelegt worden. Die Atomfirma vertritt die Auffassung, die Produktion hätte wieder aufgenommen werden können, nachdem verschiedene Mängel abgestellt worden seien. Das Land sieht dagegen noch immer ein Gefährdungspotential und meint, die Anlage sei nicht richtig genehmigt. Siemens bezieht seine Klage auf den Produktionsausfall zwischen März und August 1992.