Rinderwahnsinn auch beim Menschen?

■ Bundesgesundheitsamt beruhigt / England bleibt auf Fleischbergen sitzen

Löcher im Gehirn (Vakuolen) wurden jüngst einem englischen Bauern attestiert. Folge: Sprachverlust, Lähmungen, schließlich der Tod. Der Bauer litt an der Creuzfeldt-Jakob-Krankheit. Rund 50 Menschen im Jahr sterben daran in England.

Der Bauer ist der erste Creuzfeldt-Jakob-Kranke gewesen, der vom Rinderwahnsinn befallene Kühe im Stall gehabt hat. Und der Creuzfeldt-Jakob-Erreger sieht dem Erreger des Rinderwahnsinns (Bovine Spongiforme Enzephalopathie, kurz BSE) ziemlich ähnlich. Könnte es also doch sein, daß der Rinderwahnsinn auch Menschen befällt?

Bei den Veterinärämtern will man den Fall nicht an die große Glocke hängen, aber hinter den Kulissen, zum Beispiel im EG- Tierseuchenausschuß, wird schon diskutiert, weiß der Bremer Amtstierarzt Hans-Christian Tänzer.

Angefangen hatte alles damit, daß den englischen Rindern Tiermehl aus verendeten Schafen verfüttert wurde, Mehl von Schafen, die die BSE-ähnliche Krankheit Scrapie hatten. Nicht nur das: Die Schafskadaver waren bei der Tiermehlproduktion nur auf 100 Grad erhitzt worden: Die Scrapie-Erreger starben nicht ab, sondern lösten bei Rindern den Rinderwahnsinn aus.

In der Bundesrepublik wird an Wiederkäuer kein Fleischmehl verfüttert. Außerdem werden bei der Fleischmehlproduktion die Reste bei mindestens 140 Grad 20 Minuten lang gekocht. Großbritannien hatte jedoch 1981 die Tiermehlproduktion verändert. Kaum zwei Jahre später (so lange dauert die Inkubationszeit) verendeten die ersten Rinder. Obwohl seit 1988 auch in Großbritannien Tierabfälle bei höherer Temperatur gekocht werden, sterben weiterhin monatlich mehrere hundert Rinder an BSE.

Der Rinderhandel mit Großbritannien ist seitdem fast ganz zum Erliegen gekommen, sagt der Virologe Wolfgang Mields vom Berliner Institut für Veterinärmedizin des Bundesgesundheitsamtes. Obwohl die SeuchenspezialistInnen davon ausgehen, daß der Rinderwahnsinn nicht auf Menschen übertragen wird, gelten mittlerweile Einfuhrbeschränkungen: Eigentlich darf nur Fleisch aus Herden, die seit zwei Jahren BSE-frei sind, eingeführt werden. Ist jedoch in einer Herde innerhalb von zwei Jahren ein BSE-Fall aufgetreten, darf trotzdem Fleisch importiert werden, allerdings nur das Muskelfleisch (keine Knochen oder Organe), denn im Muskelfleisch sei der Erreger noch nie gefunden worden.

Lebend dürfen nur Kälber in die Bundesrepublik ausgeführt werden, da die Inkubationszeit zwei Jahre beträgt. Sie müssen aus nachweislich gesunden Beständen stammen. Mit diesen Vorschriften will man den Engländern den Export ermöglichen — „aber haben will britisches Rindfleisch trotzdem keiner“, meint der Bremer Veterinär Tänzer. Beim Bremer Fleischwarenproduzenten Könnecke reagiert man fast beleidigt auf die Frage nach englischem Rindfleisch: „Wir verarbeiten nur Rinder aus Frankreich, Deutschland, Südamerika, die englischen Rinder sind zu teuer“, sagt Betriebsleiter Max Kausche. Christine Holch