Erneut Bedenkliches

Die Provinzialität deutscher Politiker, in der heutigen Zeitung an anderer Stelle auf durchaus höherem Niveau gegeißelt (s.Seiten 16 & 17), vereinfacht grundsätzlich den Journalismus, denn dieser lebt auf Kosten der Erhabenheit. Insofern können wir nur bedauern, daß Verkehrsminister Günther Krause mit seiner jüngsten Fehlleistung internationalen Standard erreichte – beiläufig eine Leistung, die niemand hier ihm zutraute (obwohl unser Vertrauen in des Ministers Dummheit grenzenlos ist). Daß Bonn (wenn auch in Mecklenburg) es mal zu einem Nannygate (wenn auch ohne Kinder) bringen würde, überrascht und freut uns aber denn doch. Wir waren es nämlich leid, folgenlos und nimmermüde auf Krauses Hitlernachfolge im alldeutschen Straßenbau (Autobahnen! Autobahnen!) hinzuweisen, wir hatten uns an der Raststättenaffaire überfressen und die Verdauungskapazitäten des parlamentarischen Organismus wieder einmal unterschätzt. Und nahmen Krauses Konterfei aus dem Erfassungsplakat, um es durch andere zu ersetzen: dem Manne ist nicht beizukommen, und Möllemann war schließlich auch nicht ungefährlich.

Nun ist Möllemann einstweilen unschädlich und entschädigt, da tut uns Krause einen unerwarteten Gefallen: Er verwickelt sich in unappetitliche (wenn auch rechtlich unanfechtbare) Begünstigungsverhältnisse und leugnet zudem hilflos drauflos. Daß von den 858 DM Lohn im Monat für seine und seiner Ehefrau Haushaltshilfe dank „Wiedereingliederungsmaßnahmen“ des Arbeitsamtes nur noch 198 Mark für ihn zu zahlen blieben, sei ihm erst vorgestern „durch intensives Nachdenken“ bewußt geworden, gab seine Pressesprecherin bekannt. Nun haben wir Krauses intellektuelle Kapazitäten nie überschätzt, und daß die Durchdringung eines solchen Sachverhaltes bei ihm als „intensives Nachdenken“ verbucht wird, ist deshalb nicht erstaunlich. Auch überrascht uns sein Rückzahlungsangebot nicht, hat er doch ebenso klaglos über- und verwunden, daß sein Raststätten-Kompaktdeal dank höchstrichterlichem Beschluß in der Versenkung verschwinden mußte. Gespannt sind wir hingegen auf folgendes:

Wird in guter bundesrepublikanischer Tradition auch bei Minister Krause jener Zug der Provinzialität zu sich selber kommen, der die Abdankung eines offensichtlich Unfähigen nicht wegen eben dieser Qualität erzwingt, sondern mittels der vorsätzlichen Hysterie der Öffentlichkeit, die läßliche Sünden und Affairen zu Endgültigkeiten bauscht und bogt? Und rechtfertigt nicht hier, wie schon bei Minister Möllemann, der Zweck die Mittel?

Aber ja doch. Das tut er. Die Provinzialität, sie lebe hoch! Wir tragen das Unsere dazu bei. ES